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Der Adel und die Vergleichbaren Traditionellen Eliten

in den Ansprachen von Papst Pius XII

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KAPITEL II

Die universelle Reichweite der Ansprachen Papst Pius´ XII.

an das Patriziat und an den Adel von Rom

Lage des italienischen Adels während des Pontifikats Pius´ XII.

 

Die italienische Verfassung von 1947 erklärte die Adelstitel für abgeschafft.1 Sie hat damit der rechtlichen Lage eines tausendjährigen Standes, der heute als gesellschaftliche Wirklichkeit so lebendig wie eh und je ist, den Gnadenstoß erteilt. Damit war ein in jeder Hinsicht komplexes Problem geschaffen.

Die Komplexität dieser Frage hatte sich bereits vorher bemerkbar gemacht. Im Gegensatz zum Adel anderer europäischer Länder, wie etwa Frankreichs und Portugals, ist die Zusammensetzung des italienischen Adels höchst ungleichartiger Natur. Das ist darauf zurückzuführen, daß vor der politischen Vereinigungsbewegung der Apenninischen Halbinsel im vergangenen Jahrhundert die verschiedenen Herrscher, die ihre Macht über irgendeinen Teil Italiens ausübten, in ihrem jeweiligen Herrschaftsbereich auch Adelstitel verliehen haben. Da gab es die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die Könige von Spanien, beider Sizilien, von Sardinien, die Großherzöge der Toskana, die Herzöge von Parma und viele andere. Dazu kamen die Patriziate von Städten wie Florenz, Genua und Venedig und vor allem auch die Päpste, die als weltliche Herrscher eines relativ ausgedehnten Staates ebenfalls Adelstitel verliehen und uns in der vorliegenden Studie natürlich am meisten interessieren. Die Verleihung von Adelstiteln durch die Päpste reichte bis in die Zeit hinein, als ihre weltliche Macht über den früheren Kirchenstaat de facto bereits aufgehoben worden war.

Sog. Livius der Sorbonne

Als es 1870 zur Einigung Italiens kam und die Truppen von Piemont Rom besetzten, versuchte das Haus Savoyen die verschiedenen Adelstraditionen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Doch diese Absicht scheiterte sowohl an politischen als auch an rechtlichen Hindernissen. Viele adelige Familien hielten den abgesetzten Herrscherhäusern, denen sie ihre Adelstitel verdankten, die Treue. Vor allem bestand ein bedeutender Teil der römischen Aristokratie darauf, weiterhin traditionsgemäß und offiziell an den Feierlichkeiten im Vatikan teilzunehmen und weigerte sich, den Anschluß Roms an Italien anzuerkennen; jede Art von Annäherung an den Quirinal wurde von diesen Adeligen abgelehnt, die überdies zum Zeichen des Protestes ihre Salons schlossen. Man bezeichnete sie damals wegen ihres Trauerflors als den Schwarzen Adel.

Gesellschaftlich kam es jedoch infolge von Heirat und sonstigen Beziehungen zu einer beträchtlichen Vermischung, so daß der italienische Adel heute unter mancherlei Gesichtspunkten als ein Ganzes angesehen werden kann.

Der Lateranvertrag von 1929 sicherte jedoch in seinem Artikel 42 dem römischen Adel eine Sonderstellung zu, denn er gestand dem Papst das Recht zu, weiterhin Adelstitel zu verleihen, und erkannte auch die bis dahin vom Heiligen Stuhl verliehenen Titel an.2 Damit bestanden der italienische und der römische Adel gesetzlich weiterhin – und inzwischen befriedet – nebeneinander.

In dem 1985 zwischen dem Heiligen Stuhl und der italienischen Republik unterzeichneten Konkordat wird auf dieses Thema in keiner Weise eingegangen.

Prinz Umberto II von Savoyen mit Prinzessin Maria und Prinzessin Giovanna im Vatikan, Mit Markgraf Don Giovanni Battista Sacchetti.

Die Lage des italienischen Adels – wie übrigens des europäischen Adels im allgemeinen – wies auch durchaus komplexe Aspekte auf.

Im Mittelalter bildete der Adel eine Gesellschaftsschicht innerhalb des Staates, der besondere Aufgaben und damit auch bestimmte Ehren sowie entsprechende Auflagen zukamen.

Im Laufe der Neuzeit wandelte sich dieser Zustand immer mehr infolge des Verlustes an Kraft, Glanz und Farbe, so daß bereits vor der Revolution von 1789 der Unterschied zwischen dem Adel und dem gemeinen Volk bedeutend weniger prägnant war als im Mittelalter.

Mit den egalitären Revolutionen des 19. Jahrhunderts erfuhr die Stellung des Adels wiederholt Verstümmelungen. Das ging so weit, daß von der politischen Macht des Adels im italienischen Königreich am Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr übriggeblieben war, als eine prestigeträchtige Tradition, der jedoch eine große Mehrheit der Gesellschaft Respekt und Zuneigung zollte. Diesem Überrest versuchte die republikanische Verfassung dann den Todesstoß zu geben.3

Die Familie Umberto II. von Savoyen im Vatikan

Während so die politische Macht der Aristokratie mit der Zeit immer weiter abnahm, ging auch ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung zurück, wenn auch nicht so schnell. Mit seinen Gütern in Stadt und Land, seinen Schlössern, Palästen, Kunstschätzen, herausragenden Namen und Titeln sowie wegen des ausgezeichneten sittlichen und kulturellen Wertes seiner traditionellen häuslichen Umgebung, seiner Manieren und seines Lebensstils stand der Adel zu Beginn des Jahrhunderts immer noch an der Spitze der Gesellschaftsordnung.

Die vom Ersten Weltkrieg verursachten Krisen veränderten dieses Bild jedoch teilweise. Manche Adelsfamilie stand nun plötzlich mittellos da, so daß sich die Familienmitglieder gezwungen sahen, sich durch die Ausübung von Berufen, die keineswegs im Einklang mit ihrer Geisteshaltung, ihren Gewohnheiten und ihrem gesellschaftlichen Klassenprestige standen, auf würdige und ehrbare Weise ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Andererseits schuf die zunehmend vom Finanzwesen und von der Technik bestimmte Gesellschaft von heute neue Beziehungen und Situationen sowie neue Mittelpunkte gesellschaftlichen Einflusses, die normalerweise nicht zum Bild der klassischen Aristokratie passen. So entstand neben der alten, noch lebendigen Ordnung der Dinge, eine neue, welche die gesellschaftliche Bedeutung des Adels mehr und mehr zurückgehen ließ.

Zum Nachteil des Adels gesellte sich hierzu schließlich ein wichtiger ideologischer Bestandteil. Die Anbetung des technischen Fortschritts4 und der von der Revolution 1789 gepredigten Gleichheit trugen dazu bei, ein Klima des Hasses, der Voreingenommenheit, der Verleumdung und des Spottes gegenüber dem Adel zu schaffen, weil sich dieser auf die Tradition beruft, die durch Blut und Wiege weitergegeben wird, was bei der egalitären Demagogie den größten Haß auslöst.

Der Zweite Weltkrieg hat bei vielen Adelshäusern zu weiteren, noch schlimmeren wirtschaftlichen Zusammenbrüchen geführt und damit den Ernst der Lage, in der sich der Adel sowieso schon befand, noch verschärft. Eine ganze Gesellschaftsschicht steckte damit in einer akuten Krise. Angesichts dieser Umstände hat sich Papst Pius XII. in seinen Ansprachen an das Patriziat und an den Adel von Rom zur Lage des italienischen Adels in unserer Zeit geäußert. Seine Worte lassen sich aber ebenso auf den europäischen Adel insgesamt anwenden.


 

 

1. Dieses besonders dem italienischen Adel gewidmete Kapitel ist zum Verständnis der Gesamtheit der hier kommentierten Ansprachen Pius´ XII. notwendig. Die Ansprachen sind jedoch von allgemeinem Interesse sowohl für die Aristokratien wie auch für die vergleichbaren Eliten aller Länder, wie bereits betont wurde und wie später erneut hervorgehoben wird (vgl. Kap. I, 2; Kap. II, 3).

In dem vorliegenden Werk geht es dem Verfasser um den Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten Europas und Amerikas im allgemeinen. Er veranschaulicht und belegt seine Behauptungen selbstverständlich anhand verschiedener historischer Beispiele, die, was Europa angeht, meistens auf die Adelshäuser Frankreichs, Spaniens, Portugals oder eben auf den Adel Roms Bezug nehmen.

Der Grund dafür ist darin zu sehen, daß eine Ausweitung der Beispiele auf alle europäischen Länder das Buch einfach zu umfangreich machen würde. Dies wäre selbst dann der Fall, wenn der Verfasser seine Sammlung von Beispielen auch nur auf vier der weiteren Länder ausgeweitet hätte, die im Laufe der Geschichte und der Kultur des Kontinents von maßgeblicher Bedeutung waren, nämlich Deutschland, England, Italien, Österreich.

Tatsächlich würde die bewundernswerte Vielfalt des europäischen Adels einen weiteren Band erforderlich machen, in dem all die anschaulichen Beispiele von Entstehung, Aufstieg und Niedergang dieser Adelsgeschlechter zusammenzutragen wären.

 

2. Im Vertrag vom 11. Februar 1929 heißt es: „Artikel 42 – Italien erkennt durch königliches Dekret die von den Päpsten selbst nach 1870 verliehenen oder in Zukunft noch zu verleihenden Adelstitel an. Es sind die Fälle festzulegen, in denen für die genannte Anerkennung in Italien keine Gebühren  abzuführen sind.“ (Raccolta di Concordati su Materie Ecclesiastiche tra la Santa Sede e le Autorità Civili, Bd. II, Tipografia Poliglotta Vaticana, 1954, S. 102). Die in diesem Artikel des Vertrages erwähnten „Gebühren“ stellen eine symbolische Abgabe dar, die der italienische Staat zur Anerkennung der Titel und der Adelszugehörigkeit von den Adeligen jener Staaten erhob, die vor der Einigung des Landes bestanden hatten. Die Befreiung von dieser „Gebühr“ bedeutete in gewissen Fällen das einzige, minimale Steuerprivileg, das der Vertrag dem päpstlichen Adel zugestand.

 

3. Angesichts ihrer Bedeutung für das Verständnis der hier kommentierten päpstlichen Ansprachen an das Patriziat und an den Adel von Rom und gewissermaßen an den ganzen italienischen Adel, ist es hier wohl angebracht, kurz auf die Lage des Adels im Zusammenhang mit den verschiedenen Verfassungen im geeinigten Italien, d. h. sowohl während der Monarchie als auch in der Republik, einzugehen. Das bis 1947 geltende Albertinische Statut entsprach dem am 4. März 1848 von König Karl Albert erlassenen Grundgesetz des Reiches von Sardinien. Dieses Statut trat nach und nach in all jenen Staaten in Kraft, die diesem Reiche angeschlossen wurden und ging schließlich in die Verfassung des geeinten Italiens ein. Zu den Adelstiteln war darin folgendes vorgesehen:

„Artikel 79 – Die Adelstitel bleiben denen erhalten, die sie rechtmäßig besitzen. Der König kann neue Titel verleihen.

Artikel 80 – Niemand darf Auszeichnungen, Titel oder Unterhaltsgelder von einer ausländischen Macht entgegennehmen, es sei denn mit Genehmigung des Königs.“ (Statuto del Regno, annotato dall’ avvocato Carlo Gallini, Unione Tipografico Editrice, Turin 1878, S. 102.)

Die italienische Verfassung aus dem Jahre 1947 hinwieder legt in ihren Übergangs- und Schlußbestimmungen fest:

„XIV – Adelstitel werden nicht anerkannt. Die vor dem 28. Oktober 1922 benutzten Prädikate gelten als Teil des Namens. Der Mauritius-Orden wird als Spitalsträger beibehalten und kann als solcher seine Tätigkeit nach Gesetzesvorgabe weiterführen. Das Gesetz regelt die Auflösung des Wappenamtes.“ (Costituzione della Repubblica Italiana, Gazzetta Ufficiale, Nr. 298, 27.12.1947, S. 45/46).

Das „Adelsprädikat“ setzt sich aus dem Namen des früheren Herrschaftsgebietes und dem Beinamen der Familie zusammen (z. B. Fürst Colonna di Paliano). Die Verfassung von 1947 erlaubt, daß in Urkunden der zusammengesetzte Name gebraucht wird, vorausgesetzt, daß dieser vor der Machtübernahme des Faschismus’ gebräuchlich war.

Das „Wappenamt“ der monarchischen Zeit war ein Sondergericht, das in Titel- und Wappenfragen zu entscheiden hatte. Heute entspricht dieser Einrichtung das italienische Adelskorps, dessen Entscheidungen zwar keine gesetzliche Kraft haben, das jedoch ein hohes moralisches und historisches Prestige genießt. Es entscheidet über die Zulassung von Mitgliedern zu Vereinigungen wie dem Malteser-Orden, dem Jagdkreis, dem Schachkreis usw. Weder in der alten noch in der neuen italienischen Verfassung werden dem Adel irgendwelche Vorteile politischer oder steuerlicher Natur eingeräumt, denn nach dem Albertinischen Statut wird der Adel nur noch als Reminiszenz der Vergangenheit anerkannt.

 

4. Leser, denen dieser Ausdruck übertrieben erscheinen mag, tun gut daran, die Stellungnahme Pius´ XII. in seiner Weihnachtsansprache des Jahres 1953 kennenzulernen (vgl. Kap. V, 3c).

 

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­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Kapitel II, N ͦ. 1.

 

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Die bewundernswerten Lehren Papst Pius´ XII. stellen diese Begriffe klar und  beschreiben im Gegensatz zu dem, was die Propheten des Klassenkampfes verkünden, die natürliche Eintracht, die zwischen den Eliten und dem Volk herrschen kann und soll.

Taufgesellschaft in Bacharach von Jacques Carabain.

In seiner Rundfunkbotschaft zum Weihnachtsfest 1944 sagte Papst Pius XII.:1

„Volk und gestaltlose Menge oder Masse, wie man zu sagen pflegt, sind zwei verschiedene Begriffe.

Das Volk lebt und bewegt sich aus eigener Kraft; die Masse ist an sich träge und kann sich nur mit Hilfe einer von außen kommenden Kraft bewegen.

Das Volk lebt aus der Fülle des Lebens jener Menschen, aus denen es sich zusammensetzt, von denen ein jeder – an seinem Platz und auf die ihm eigene Art und Weise – eine der eigenen Verantwortlichkeiten und Überzeugungen bewußte Person ist. Die Masse erwartet hingegen den von außen kommenden Anstoß und wird daher leicht zum Spielball in den Händen derer, die ihre Triebe und Eindrücke auszunutzen wissen, und so folgt sie denn auch bereitwillig heute dieser und morgen einer anderen Fahne.
Aus dem Überfluß des Lebens eines wahren Volkes verbreitet sich das Leben in reicher Fülle über den Staat und seine Organe und schenkt diesen mit ständig sich erneuernder Kraft das Bewußtsein der eigenen Verantwortung, den wahren Sinn für das Gemeinwohl. Der geschickt gehandhabten und genutzten Elementarkraft der Masse kann sich auch der Staat bedienen; in den ehrgeizigen Händen eines einzelnen oder verschiedener, durch eigensüchtige Neigungen künstlich miteinander verbundener Menschen kann selbst der Staat mit Hilfe der schlichtweg in eine Maschine verwandelten Masse dem besseren Teil des Volkes seine Willkür aufzwingen. Das Gemeininteresse erhält damit einen schweren, dauerhaften Schlag, und die Wunde ist schon bald nur noch schwer zu heilen.“
1 Die Nummerierung der Abschnitte, in denen es um den Unterschied zwischen Masse und Volk geht, stammt vom Verfasser. Dieser hat auch den Originaltext in getrennte Absätze aufgeteilt, um auf diese Weise dem Leser die Analyse zu erleichtern.

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­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Teil I, Kapitel III, Nͦ. 2.

 

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KAPITEL II

Die universelle Reichweite der Ansprachen Papst Pius´ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom

Lage des italienischen Adels während des Pontifikats Pius´ XII.

 

Pontifical Gendarmes

Die italienische Verfassung von 1947 erklärte die Adelstitel für abgeschafft.1 Sie hat damit der rechtlichen Lage eines tausendjährigen Standes, der heute als gesellschaftliche Wirklichkeit so lebendig wie eh und je ist, den Gnadenstoß erteilt. Damit war ein in jeder Hinsicht komplexes Problem geschaffen.

Die Komplexität dieser Frage hatte sich bereits vorher bemerkbar gemacht. Im Gegensatz zum Adel anderer europäischer Länder, wie etwa Frankreichs und Portugals, ist die Zusammensetzung des italienischen Adels höchst ungleichartiger Natur. Das ist darauf zurückzuführen, daß vor der politischen Vereinigungsbewegung der Apenninischen Halbinsel im vergangenen Jahrhundert die verschiedenen Herrscher, die ihre Macht über irgendeinen Teil Italiens ausübten, in ihrem jeweiligen Herrschaftsbereich auch Adelstitel verliehen haben. Da gab es die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die Könige von Spanien, beider Sizilien, von Sardinien, die Großherzöge der Toskana, die Herzöge von Parma und viele andere. Dazu kamen die Patriziate von Städten wie Florenz, Genua und Venedig und vor allem auch die Päpste, die als weltliche Herrscher eines relativ ausgedehnten Staates ebenfalls Adelstitel verliehen und uns in der vorliegenden Studie natürlich am meisten interessieren. Die Verleihung von Adelstiteln durch die Päpste reichte bis in die Zeit hinein, als ihre weltliche Macht über den früheren Kirchenstaat de facto bereits aufgehoben worden war.

Sog. Livius der Sorbonne von Jean Fouquet.

Als es 1870 zur Einigung Italiens kam und die Truppen von Piemont Rom besetzten, versuchte das Haus Savoyen die verschiedenen Adelstraditionen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Doch diese Absicht scheiterte sowohl an politischen als auch an rechtlichen Hindernissen. Viele adelige Familien hielten den abgesetzten Herrscherhäusern, denen sie ihre Adelstitel verdankten, die Treue. Vor allem bestand ein bedeutender Teil der römischen Aristokratie darauf, weiterhin traditionsgemäß und offiziell an den Feierlichkeiten im Vatikan teilzunehmen und weigerte sich, den Anschluß Roms an Italien anzuerkennen; jede Art von Annäherung an den Quirinal wurde von diesen Adeligen abgelehnt, die überdies zum Zeichen des Protestes ihre Salons schlossen. Man bezeichnete sie damals wegen ihres Trauerflors als den Schwarzen Adel.

Marchese don Francesco Serlupi Crescenz

Gesellschaftlich kam es jedoch infolge von Heirat und sonstigen Beziehungen zu einer beträchtlichen Vermischung, so daß der italienische Adel heute unter mancherlei Gesichtspunkten als ein Ganzes angesehen werden kann.

Der Lateranvertrag von 1929 sicherte jedoch in seinem Artikel 42 dem römischen Adel eine Sonderstellung zu, denn er gestand dem Papst das Recht zu, weiterhin Adelstitel zu verleihen, und erkannte auch die bis dahin vom Heiligen Stuhl verliehenen Titel an.2 Damit bestanden der italienische und der römische Adel gesetzlich weiterhin – und inzwischen befriedet – nebeneinander.

In dem 1985 zwischen dem Heiligen Stuhl und der italienischen Republik unterzeichneten Konkordat wird auf dieses Thema in keiner Weise eingegangen.

 

…Fortsetzung folgt

 

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1 Dieses besonders dem italienischen Adel gewidmete Kapitel ist zum Verständnis der Gesamtheit der hier kommentierten Ansprachen Pius´ XII. notwendig. Die Ansprachen sind jedoch von allgemeinem Interesse sowohl für die Aristokratien wie auch für die vergleichbaren Eliten aller Länder, wie bereits betont wurde und wie später erneut hervorgehoben wird (vgl. Kap. I, 2; Kap. II, 3).
In dem vorliegenden Werk geht es dem Verfasser um den Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten Europas und Amerikas im allgemeinen. Er veranschaulicht und belegt seine Behauptungen selbstverständlich anhand verschiedener historischer Beispiele, die, was Europa angeht, meistens auf die Adelshäuser Frankreichs, Spaniens, Portugals oder eben auf den Adel Roms Bezug nehmen.
Der Grund dafür ist darin zu sehen, daß eine Ausweitung der Beispiele auf alle europäischen Länder das Buch einfach zu umfangreich machen würde. Dies wäre selbst dann der Fall, wenn der Verfasser seine Sammlung von Beispielen auch nur auf vier der weiteren Länder ausgeweitet hätte, die im Laufe der Geschichte und der Kultur des Kontinents von maßgeblicher Bedeutung waren, nämlich Deutschland, England, Italien, Österreich.
Tatsächlich würde die bewundernswerte Vielfalt des europäischen Adels einen weiteren Band erforderlich machen, in dem all die anschaulichen Beispiele von Entstehung, Aufstieg und Niedergang dieser Adelsgeschlechter zusammenzutragen wären.

 

2 Im Vertrag vom 11. Februar 1929 heißt es: „Artikel 42 – Italien erkennt durch königliches Dekret die von den Päpsten selbst nach 1870 verliehenen oder in Zukunft noch zu verleihenden Adelstitel an. Es sind die Fälle festzulegen, in denen für die genannte Anerkennung in Italien keine Gebühren  abzuführen sind.“ (Raccolta di Concordati su Materie Ecclesiastiche tra la Santa Sede e le Autorità Civili, Bd. II, Tipografia Poliglotta Vaticana, 1954, S. 102). Die in diesem Artikel des Vertrages erwähnten „Gebühren“ stellen eine symbolische Abgabe dar, die der italienische Staat zur Anerkennung der Titel und der Adelszugehörigkeit von den Adeligen jener Staaten erhob, die vor der Einigung des Landes bestanden hatten. Die Befreiung von dieser „Gebühr“ bedeutete in gewissen Fällen das einzige, minimale Steuerprivileg, das der Vertrag dem päpstlichen Adel zugestand.

 

­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Kapitel II.

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Gemälde von Frederick Morgan.

Alle stabilen menschlichen Beziehungen können diese starken Verbindungen schaffen, die an den intensiven Zusammenhalt der Familie erinnern. In dem Maße, in dem eine soziale Einheit diese Bindung entwickelt, trägt sie Festigkeit, Belastbarkeit und Qualität zum sozialen Gefüge bei.

Darüber hinaus erwirbt diese natürliche Gesellschaft, wenn sie durch die Gebote und die evangelischen Räte genährt wird, einen übernatürlichen Glanz – ein bißchen so wie jemand, der geboren und dann getauft wird. Sie schafft ideale Voraussetzungen für das Enstehen eines engmaschigen Netzes von Bindungen zwischen den Persönlichkeiten, aus denen im Laufe der Zeit außergewöhnliche Leistungen, starke und aufrechte Persönlichkeiten und ein außerordentlicher Zusammenhalt hervorgehen können.

 

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Rückkehr zur Ordnung: Von einer hektischen, getriebenen Wirtschaft zu einer organischen christlichen Gesellschaft, von John Horvat II, Kapitel 48.

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Unserem Herr Jesus Christus ähnlich zu werden, war das Ideal des Mittelalters. Der mittelalterliche Mensch sehnte sich danach, mit ihm so vollständig wie möglich verbunden zu sein, sich ganz in Ihm zu verlieren.

Diese Gefühle waren nicht nur liebevolle Impulse der Bewunderung und Ehrfurcht. Der mittelalterliche Mensch verfolgte sie bis zur letzten Konsequenz; er erkannte, dass Christus in all seiner Herrlichkeit auf die Erde hätte kommen können, dass er strahlend vor allen Völkern hätte erscheinen können. Dennoch hatte er sich für den härtesten und traurigsten, für einen furchterregend schwierigen Weg entschieden, seine Mission für unser Heil durchzuführen. Von liebevollem Mitleid erfüllt war der mittelalterliche Geist „durchdrungen von der Idee Christi und seines Kreuzes.”367

Der mittelalterliche Geist der Anima Christi

Das Gebet Anima Christi – ein Lieblingsgebet des heiligen Ignatius von Loyola – drückt die intensive mittelalterliche Sehnsucht nach der Vereinigung mit Christus aus:

Seele Christi, heilige mich,
Leib Christi, rette mich,
Blut Christi, tränke mich,
Wasser aus der Seite Christi, reinige mich,
Leiden Christi, stärke mich,
O guter Jesus, erhöre mich.
Birg in deinen Wunden mich,
von dir lass nimmer scheiden mich,
vor dem bösen Feind beschütze mich.
In meiner Todesstunde rufe mich,
zu dir kommen heiße mich,
mit deinen Heiligen zu loben dich
in deinem Reiche ewiglich Amen.

Der mittelalterliche Mensch war sich stets bewusst, dass der Herr wusste, was auf ihn zukam und dennoch seine Leiden und das Kreuz freudig auf sich nahm, obwohl seine Agst so groß war, dass er in seiner Todesangst betete: „Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe.” (Lk 22,42).

 

367 Huizinga, Waning of the Middle Ages, 190.
Rückkehr zur Ordnung: Von einer hektischen, getriebenen Wirtschaft zu einer organischen christlichen Gesellschaft, von John Horvat II

 

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DOKUMENTE VI

 

  1. Die wirklichen Freunde des Volkes sind Traditionalisten

 

Aus dem Brief des hl. Papstes Pius X. Notre Charge Apostolique vom 25.8.1910:

 

Papst Heiliger Pius X.

„Auf jeden Fall sollten sich diese Priester (die sich den Werken der katholischen Aktion widmen) im Gewirr der modernen Ideen nicht durch das Gaukelbild einer falschen Demokratie verleiten lassen; sie sollten nicht die Rhetorik der schlimm­sten Feinde der Kirche und des Volkes übernehmen und in emphatischen Worten Versprechungen machen, die ebenso wohltönend wie unerfüllbar sind. Sie mögen überzeugt sein: daß die soziale Frage und die Sozialwissenschaft nicht erst gestern entstanden sind, daß zu allen Zeiten die Kirche und der Staat erfolgreich zusammengearbeitet haben, um zu diesem Zweck wirksame Einrichtungen zu schaffen; daß die Kirche, die niemals das Glück des Volkes durch kompromittierende Allianzen verra­ten hat, sich nicht von ihrer Vergangenheit lossa­gen muß; daß es genügt, wenn sie mit Hilfe der echten Arbeiter die soziale Erneuerung der durch die Revolution vernichteten Organismen wiederaufnimmt, im gleichen christlichen Geist, der sie hat entstehen lassen, sie anpaßt an das neue Milieu, das durch die materielle Entwicklung der modernen Gesellschaft entstanden ist; denn die wahren Freunde des Volkes sind weder die Revo­lutionäre noch die Neuerer, sondern die Traditio­nalisten.1

 

1 Utz-von Galen (s. Dok. V), XXIII, 272.

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­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Dokumente VI, #1.

 

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Roger Garaudy, französischer Marxist-Islamist theoretician. Foto von Archives fédérales allemandes.

Gott wollte diese Unterschiede nicht nur bei den Geschöpfen der niederen Naturreiche – Minerale, Pflanzen und Tiere – sondern auch unter den Menschen und somit unter Völkern und Nationen.

Mit dieser Verschiedenheit schuf Gott nicht nur Harmonie unter den Geschöpfen und Vorteile für jede einzelne Gattung, sondern auch für jedes Ein­zelwesen. Gott wollte, daß der Mensch vielfältigste Möglichkeiten erhalten sollte, um Seine unendli­che Vollkommenheit immer vor Augen zu haben. Die Verschiedenheit der Geschöpfe ist daher – ipso facto – eine hohe und umfassende Schule der Abwehr des Atheismus.

Das scheint der französische, kommunistische Schriftsteller Roger Garaudy (der sich später zum Islam „bekehrte)  begriffen zu haben, als er die Wichtigkeit der Aufhebung sozialer Unterschiede für den Sieg des Atheismus auf der Welt hervorhob: „Es ist für einen Marxisten unmöglich zu sagen, daß die Vernichtung des religiösen Glaubens eine Bedingung –sine qua non – für den Aufstieg des Kommunismus sei. Karl Marx zeigt dagegen, daß der vollständige Sieg des Kommunismus das Ver­schwinden religiöser Ideen ermöglicht, dadurch, daß er die sozialen Zustände transparent macht. Für einen Marxisten ist daher die Errichtung des Kommunismus die unumgängliche Voraussetzung zur Ausmerzung der sozialen Wurzeln der Religion und nicht das Verschwinden des religiösen Glau­bens die Bedingung für den Aufbau des Kommunis­mus“.1

Pater Josef Kowalski als KZ-Häftling.
Pater Josef Kowalski SDB (1911-1942 in Auschwitz) war ein polnischer Salesianer Don Boscos, römisch-katholischer Priester, Märtyrer und Seliger. Pater Kowalski wurde am Abend des 4. Juli 1942 weggebracht, schwer misshandelt und, da er noch lebte, in eine Kloake geworfen und ertränkt.
Foto von Schutzstaffeln.

Die Rangordnung im Universum zerstören zu wollen, heißt also, dem Menschen die Mittel zur freien Ausübung seiner grundlegendsten Rechte zu rauben, die darin bestehen, Gott zu erkennen, zu lieben und zu dienen. Mit anderen Worten heißt das, die größte Ungerechtigkeit und die grau­samste Tyrannei zu wünschen.

 

1. L’homme chrétien et l’homme marxiste, Semaines de la pensée marxiste –Confrontations et débats, La Palatine, Paris-Genève, 1964, S. 64.

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­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Dokumente V, #23.

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Hl. Thomas von Aquin

Außer den vorher wiedergegebenen päpstlichen Schriften, scheint es nützlich zu sein, einige Argumente des „Doktor Angelicus“ anzufügen, um die Tatsache der Unterschiedlichkeit der Geschöpfe zu begründen. In seinem Werk Summa Theologica erklärt er:

„Darum sind offensichtlich im Bereich der Na­turdinge die Arten stufenweise geordnet. So ist das Gemischte vollkommener als der Grundstoff, die Pflanzen vollkommener als die Gesteine, die Sinnenwesen vollkommener als die Pflanzen, und die Menschen vollkommener als die anderen Sinnen­wesen. Und in den einzelnen Bereichen dieser Arten ist die eine Art wieder vollkommener als die andere. Wie also die göttliche Weisheit die Ursache der Unterscheidung der Dinge ist, um der Vollkom­menheit des Weltalls willen, so auch der Ungleich­heit. Denn das Weltall wäre nicht vollkommen, wenn sich in den Dingen nur  eine Stufe der Güte fände“.1


Tatsächlich wäre es mit der Vollkommenheit Gottes unvereinbar, ein einzelnes Wesen zu schaffen. Denn kein Geschöpf, wie vollkommen es auch vorstellbar sein könnte, würde in der Lage sein, allein die unendliche Vollkommenheit Gottes angemessen wiederspiegeln zu können.

Deshalb gibt es notwendigerweise zahllose Geschöpfe, jedoch nicht nur zahllose, sondern auch verschiedener Art. Das ist die Doktrin des Heiligen Lehrers:

„Mehrere Gute sind besser als ein einziges end­liches Gutes; sie haben nämlich dies und dazu noch mehr. Alle Güte des Geschöpfes aber ist endlich; ist sie doch abfallend gegenüber Gottes unendli­cher Güte. Vollkommener ist mithin das All der Geschöpfe, wenn es mehrere Stufen der Dinge gibt, als wenn es nur eine gäbe. Dem Höchsten Guten aber steht zu, zu machen, was das Beste ist. Also ist Ihm zukommend gewesen, daß Es mehrere Stufen der Geschöpfe machte.

Zudem. Die Güte der Art geht über die Güte des unteilbar Geeinzelten hinaus, so wie das Form­hafte über das, was stofflich ist. Mehr fügt mithin der Güte des Alls die Vielheit der Arten hinzu, als die Vielheit der unteilbar Geeinzelten in einer ein­zigen Art. Zur Vollkommenheit des Alls gehörig ist mithin nicht allein, daß es viele unteilbar Geeinzel­te gibt, sondern daß es auch verschiedene Arten der Dinge gibt, und folglich auch verschiedene Stufen in den Dingen “.2

Reiterbildnis des Philipp IV. von Spanien

Die Unterschiede sind demnach kein Fehler der Schöpfung. Es sind hervorragende Qualitäten, in denen sich die unendliche und bewundernswürdige Vollkommenheit des Schöpfers spiegelt. Und Gott gefällt es, sie zu betrachten:

Genesis: Die Erschaffung der Tiere

Die Verschiedenheit und Ungleichheit in den Dingen ist mithin nicht vom Zufall her, nicht aus der Verschiedenheit des Stoffes, nicht wegen des Dazwischentretens irgendwelcher Ursachen oder Verdienste, sondern aus der eigentlichen Absicht Gottes, der dem Geschöpf solche Voll­kommenheit geben wollte, wie es möglich war, sie zu haben.

Daher wird am Ersten Tag der Schöpfung gesagt: `Gott sah alles, was Er gemacht hatte, und es war sehr gut. [Gen. 1,31]´“.3

 

1. Die Deutsche Thomas-Ausgabe – Vollständige ungekürzte deutsch-lateinische Ausgabe der Summa Theologica. Imprimatur: P. Lect. fr. Laurentius M. Siemer, Provinzial der deutschen Dominikanerprovinz, P. Bartholomäus Badalik, Provinzial der Österreichisch-ungarischen Dominikanerprovinz für den Kommentar, und vom Fürsterzbischöflichen Ordinariat zu Salzburg. Copyright 1936 by Verlag Anton Pustet, Salzburg. 4. Band, Schöpfung und Engelwelt, 1. q. 47, a. 2, S.78-79.
2. Thomas von Aquin, Die Summe wider die Heiden in vier Büchern – Das zweite Buch, Verlag Jakob Hegner, Leipzig, 1935, XLV. Kapitel, S. 162-163.
3. Ibidem (S. 163-164).

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Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Teil III, Dokumente V.

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Teil I

 

Die Wundertätige Internationale Pilgerstatue Unserer Lieben Frau von Fatima.

* Die göttliche Mutterschaft Mariens ist eigentliche Wurzel der marianischen Andacht

Dann setzt Gott fest, dass nach der Heiligsten Dreifaltigkeit ein menschliches Geschöpf den höchsten Platz einnimmt, dass das „nec plus ultra“ der ganzen Schöpfung ist. Eine Art Hierarchie wird eingerichtet: Gott, der unendliche, unvergleichbar jeglicher Kreatur; dann kommt Unser Herr Jesus Christus bei dem die geschaffene Natur in der hypostatischen Union mit der zweiten Person der Dreifaltigkeit aufgenommen wird; als nächstes kommt dann eine reine Kreatur, und diese ist die Mutter Gottes.

Wir sehen, dass hier eine Art Hierarchie eingerichtet wurde, was etwas Bewundernswertes ist, doch mit vielen Strebepfeilern, die wie Stützpunkte das Gebilde aufrechterhalten: die Engel bleiben so halb beiseite, denn es ist mit der menschlichen Natur, mit der sich die hypostatischen Union realisiert, und gleich danach kommt ein reines menschliches Geschöpf. Da es aber kein eigentliches Zwischengeschöpf zwischen Gott und den Menschen gibt, ist dieses reine Geschöpf ein verbindender Bogen, ein Mittler zwischen Gott und dem Menschen, der vollkommenste Spiegel Gottes, der nur eine reine Kreatur sein kann. Hier haben wir die Stellung der Mutter Gottes.

Die weisse Jungfrau von Toledo

Als Mutter Gottes, eingesetzt als die Königin der Engel, als Königin der Menschen, als Königin des Himmels und der Erde. Sie wurde bekleidet mit allen anderen Eigenschaften, allen anderen Gnaden, mit allen anderen Titeln, die sie besitzt, einschließlich des der Allvermittlerin, weil sie die Mutter Gottes ist.

So verweist das heutige Fest unsere Aufmerksamkeit und unsere Frömmigkeit auf das, was in gewisser Hinsicht die eigentliche Wurzel, der Urgrund der Marienverehrung ist: die göttliche Mutterschaft Unserer Lieben Frau.

* Es ist dem liturgizistischen Geist eigen, nur den höchsten Titel Marias zu verehren und alle anderen zu verachten

Das kann aber auch zu Fehlinterpretationen führen.

Vor etwa zwanzig Jahren hörte ich von einer Person, die die Kongregation in der Pfarrei St. Therese vom Kinde Jesu gründen wollte, und lud ein paar junge Leute zu dieser Kongregation ein. Es wurde diskutiert, bereits aber schon infiziert durch den liturgischen Virus, welchen Namen die neue Kongregation erhalten sollte. Einer von ihnen sagte: „Die Kongregation soll den Namen ,Unsere Liebe Frau Mutter Gottes‘ heißen.“ Nichts einzuwenden.

-„Aber warum hast du diesen ungewöhnlichen Titel gewählt?“

Antwort:

– „Weil letztendlich, das einzige was an Maria zählt, ist, dass sie Mutter Gottes ist. Alles andere ist nichts.”

Hier tritt bereits eine Unausgewogenheit ein. Es ist das gleiche wenn man sagen würde: an einem Baum, das einzige, was zählt, ist der Stamm. Das Geäst, die Blätter, die Blumen, die Früchte haben keine Bedeutung. Wenn man schon die richtige Lehre akzeptiert, sie aber von aller Komplexität, die sie enthält, reinigen will, all die Vielfalt von Titeln auszuklammern, um allein den Stamm beizubehalten, ist bereits eine falsche Position.

Wir spüren hier den Hauch des simplen, liturgizistischen, protestantischen Geistes unter dem Vorwand, zu den Wurzeln zu gehen und den Rest des Baumes nicht zu beachten. Der katholische Geist ist das Gegenteil: Diesem Titel Mariens hoch verehren, ihm Respekt gebühren, wie er es verdient, aber begierig, aus diesem Titel alle möglichen Konsequenzen zu ziehen.

Man soll also offen sein für die Tausend Aufrufungen, die es schon gibt und für weitere, die bis zum Ende der Welt noch geschaffen werden, um Maria unter diesem oder jenem Aspekt zu verehren, der immer eine Folge ihrer göttlichen Mutterschaft ist.

* Die kostbarste Gnade, die wir durch die Andacht zu Maria erhalten können, ist eine echte mütterliche Beziehung, die sie mit uns eingehen will

Es scheint mir, dass diese Anrufung einen sehr wichtigen Inhalt hat: dass die Gottesmutter Maria, weil sie Mutter Gottes ist, durch eine Reihe von Konsequenzen, unter einem besonderen Aspekt die Mutter der Menschen ist, und folglich unsere Mutter.

Ich glaube, dass die kostbarste Gnade, die wir in Sachen Marienverehrung erhalten können, ist, wenn sie darin einwilligt, durch erhabene Bande mit jedem von uns eine wirklich mütterliche Beziehung einzugehen. Das kann auf tausend Weisen geschehen, aber im Allgemeinen offenbart sie sich als Mutter, wenn sie uns aus irgendeiner Schwierigkeit auf eine Art herausführt, die uns völlig unvergesslich bleibt. Oder wenn sie uns ein Fehltritt verzeiht, der eigentlich nicht hätte vergeben werden können, aber den sie mit einer jener Gütigkeit, die nur Mütter haben, an uns vorbeigeht, vergibt und beseitigt, so wie unser Herr Jesus Christus im Vorbeigehen einen Aussätzigen von seiner Lepra geheilt hat. Und so gründlich, dass nichts mehr übrig bleibt.

Die Weiße Dame von Starkenburg, Missouri

In der Tat verdiente dort nicht verziehen zu werden, es gab keine mildernde Umstände, nichts verdiente dort als nur den Zorn Gottes, aber sie, als Mutter, mit ihrer souveränen Macht und mit einer Nachsicht, die nur Mütter haben, löscht sie mit einem Lächeln jede Schuld aus, und die Vergangenheit ist verbrannt und völlig vergessen.

Maria teilt solche Gnaden aus, und manchmal so, dass für ein ganzes Leben in der Seele eine Überzeugung wie mit Feuer eingeprägt wird, aber mit einem Feuer, das ein Feuer vom Himmel und kein Feuer von der Erde und noch weniger ein Feuer aus der Hölle ist, mit Feuer in der Seele diese Überzeugung eingeprägt wird, dass wir tausendmal zu ihr unsere Zuflucht nehmen können, in tausendmal schlimmeren unentschuldbaren Umständen, und sie wird uns immer wieder verzeihen, weil sie uns eine Tür der Barmherzigkeit geöffnet hat, die niemand schließen kann.

* Wir leben von einem Barmherzigkeitskredit, den Maria für uns eröffnet hat

Ich glaube, meine lieben Freunde, wenn diese Behauptung dem Glauben entspricht, es ist genau das, von dem wir leben. Es ist ein Kredit der Barmherzigkeit, den Unsere Liebe Frau für uns eröffnet hat. Aber von einer Barmherzigkeit, wie es sie selten gegeben hat, und wir sie daher nicht verdient haben, weil wir trotzdem alles weiterhin tun; sie hat aber dennoch noch einmal ein Lächeln, noch einmal eine Vergebung für uns, sie fischt uns noch einmal aus dem Schlamm. Das erinnert mich an ein Wort, das, wenn ich mich nicht irre, in der Apokalypse vorkommt: „Weil sie schwach waren, habe ich ihnen eine Tür geöffnet, die kein Mensch schließen kann“ (vgl. Offb 3,8) Ich sah hierin eine Anwendung an die Verehrung des Heiligen Herzen Jesu. Ich finde es äußerst legitim.

Ich denke, es ist auch sehr legitim, dies auf das Unbefleckte Herz Mariens und das Mütterliche Herz Mariens für uns anzuwenden.

Unserer Lieben Frau vom Guten Rat von Genazzano

Wenn man von einer besonderen Gnade unserer Bewegung spricht, heißt es nicht, dass es sich um eine verdiente Gnade handelt, sondern von der Gottesmutter ganz unverdient gegeben, weil sie sie geben will.

Ich kenne keine fühlbarere Wahrheit, die unserer Liebe und Dankbarkeit würdiger wäre. Weil, um ein schäbiges Bild zu geben, was mir gerade einfällt, wir stehen zur Muttergottes, wie Brasilien zu den Vereinigten Staaten: Wir zahlen unser Darlehen zurück, holen uns aber neue, in denen die Zinsen des bisherigen Darlehens einbezogen sind. Wir sind festgefahren und sitzen in der Klemme.

Mit dem Unterschied, dass sie uns behandelt, wie die Vereinigten Staaten sehr weit davon entfernt sind, unser Land zu behandeln. Wenn also die Gottesmutter am Ende dieses Tages uns eine Gnade gibt, ob wir mit uns zufrieden sind oder nicht, wenn sie uns die Gnade gibt, in den Tiefen unserer Seelen ein besonderes Gefühl des Vertrauens zu haben, ist es nicht weil wir ein Anrecht darauf haben, mit uns selbst zufrieden zu sein, sondern weil wir wissen, wie gut sie ist. Wenn sie uns diese Gnade gibt, glaube ich, dass der Tag und die Woche gut bezahlt worden sind.

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Plinio Correa de Oliveira, Vortrag „Heiliger des Tages“ am 11. Oktober 1963.

 

Freie Übersetzung aus dem Portugiesischen. Der Originaltext ist die Abschrift einer Aufzeichnung, wurde vom Urheber nicht revidiert.

 

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Heute, 11. Oktober (1963) ist das Fest der Mutterschaft Mariens.

Wir sind in der Novene Unserer Lieben Frau von Aparecida.

Morgen ist das Fest unserer Lieben Frau von Aparecida, Hauptpatronin und Königin Brasiliens.

Sagen wir etwas über die Gottesmutterschaft der Allerseligsten Jungfrau Maria.

Unserer Lieben Frau vom Guten Erfolg in Quito, Ecuador.

* Sieht ein Katholik in der Kirche etwas, was ihm merkwürdig erscheint, versucht er sich darin zu vertiefen, und ist sich sicher, dass das Geheimnis etwas Wunderbares hervorbringen wird

Die Wichtigkeit dieses Festes für die katholische Frömmigkeit, und besonders für uns, wegen unserer sehr besonderen Verehrung Mariens, bezieht sich auf die Tatsache, dass alle außerordentlichen Gnaden, die Maria erhalten hat und die sie zu einem einzigartigen Geschöpf im ganzen Universum und im Heilsplan Gottes machten, all diese Gnaden haben als Titel, Ausgangspunkt und einzigen Grund, dass Sie die Mutter Unseres Herrn Jesus Christus ist. Und diese Behauptung, dass Sie Mutter Unseres Herrn Jesus Christus ist, beinhaltet die von der Kirche gelehrte Behauptung, dass Sie Mutter Gottes ist. Könnte man einen besonderen Kommentar machen, in Hinblick auf unsere Vorstellungen dieser Wahrheit?

Man könnte folgendes erwägen: Schauen wir uns an, wie sich die Hierarchie in den Werken Gottes einrichtet und wie alle von Gottes geschaffenen Dinge nuanciert sind, und wie das einer katholischen Eigenschaft entspricht.

Der revolutionäre Geist steht für Vereinfachungen. Eine bösartige Zunge würde sagen, der revolutionäre Geist ist polytechnisch. Im Gegensatz liebt der gegen-revolutionäre Geist die Schattierungen, das Nuancierte, und wenn ihm etwas daherkommt, was schwer zu begreifen ist oder gar widersprüchlich, versteht er doch, dass sich hinter diesem anscheinenden Widerspruch im Grunde eine sehr schöne Wahrheit, eine unverdächtige Wahrheit verbirgt, die man am Ende herausfindet. Dies ist etwas, was ich mir seit meiner Kindheit angewöhnt habe im Bezug auf die Kirche.

Die Schwarze Madonna von Tschenstochau

Eine Überraschung, die ich mit der Kirche erfuhr, war, als ich in ihr merkwürdige Dinge zu sehen meinte, in die ich mich verwickelt sah. Doch mit der Zeit, wenn ich mich in die Sache vertiefte, merkte ich, dass je merkwürdiger die Dinge mir schienen, desto schöner war die Erklärung, die sich mir am Ende offenbarte.

So habe ich mich an den Gedanken gewöhnt, dass jeder Einwand, den man der Kirche gegenüber machen könnte, gleich einem kleinen Loch ist, das man am Strand sieht. Wenn man mit dem Finger nachbohrt, findet man eine Perlmuschel. So auch in der Kirche. Bei allem, was einem komisch vorkommt, was man nicht so richtig versteht, was widersprüchlich scheint, und keine sofortige Antwort oder Erklärung liefert, sollte man auf eine Erklärung warten können, bis die Muttergottes uns einen Hinweis gibt, das Rätsel oder den Zweifel zu verstehen. Dann wird daraus eine glänzende Perle zum Vorschein kommen, die unseren Geist erleuchtet.

* Mit der Einrichtung der hypostatischen Union mit der menschlichen Natur schuf Gott eine größere Herrlichkeit, als wenn Er sich hypostatisch mit der geistlichen Natur der Engel vereint hätte

Es ist der Kirche eigen, dass man in einer mit Widersprüchen gespickten Sache, am Ende immer eine tiefe Harmonie herausfindet, die von einer Grundwahrheit hervorkommt.

Gibt es für eine kartesianische Mentalität etwas absurderes, als eine Mutter Gottes?

Stellen wir uns jemand vor, der nie katholischen Unterricht gehabt hat und folgendes weiß: die Katholische Kirche lehrt, dass Gott ewig und ein reiner Geist ist; sie lehrt aber zugleich, dass es eine Mutter Gottes gibt. Und gerade eine Mutter… Wenn es einen Vater Gottes gäbe, könnte man sich das noch vorstellen. Aber gerade eine Mutter, wenn man nicht einmal weiß, wer der Vater ist… Diese Mutter ohne Vater, diese Mutter, aus Fleisch und Blut, eines geistlichen Wesens, diese zeitliche Mutter eines ewigen Wesens?

Unsere Liebe Frau von der Befreiung, Kaiserin von China

Wie man sieht, gibt es hier eine Reihe von Widersprüchen, die für einen Protestanten das Ganze unmöglich und absurd sein lässt: „Mutter Gottes? Unmöglich!“

Absurd ist es aber nur in der Betrachtung. Wenn es aber um die Kirche geht, gibt es nichts und nie etwas Absurdes. Es gibt eine äußerst tiefe und übergeordnete Harmonie, die an ein außerordentliches Prinzip gebunden ist. Man muss abwarten, um zu verstehen.

Und so soll man es sehen: Gott, der Ewige und Vollkommene, erschafft die Engel. In einem unteren Bereich erschafft er den Mensch. Doch die Fleischwerdung, die hypostatische Vereinigung (Gott-Mensch) erstellt er nicht mit einem Engel, sondern mit der menschlichen Natur. Dies scheint ein Widerspruch zu sein: die höhere Würde der Engel würde verlangen, dass die hypostatische Union sich mit einem Engel ergebe, und sofort mit dem höchsten, dem schönsten Engel. Doch nein, Gott erstellt die Hypostase mit einem Geschöpf mit menschlicher Natur, sagen wir, er übernimmt die menschliche Natur für sich. Er stellt so die hypostatische Union her, und indem Er sie auf diese Weise mit einem niederen Grad als der der Engel herstellt, bewirkt Er etwas viel herrlicheres, als wenn Er diese Verbindung mit einem Engel hergestellt hätte.

Unsere Liebe Frau von Guadalupe

Denn hätte Er diese Union mit den Engeln hergestellt, hätte er damit nur die geistige Schöpfung geehrt, da er sie aber mit dem Menschen erwirkte, ehrt er damit nicht nur die Engel, denn durch seine Seele hat der Mensch Teil an der geistigen Welt, aber auch das ganze Reich der erschaffenen Materie, dessen Krönung der Mensch ist. Durch diese scheinbare Unstimmigkeit wird also der ganze Kosmos eher gewürdigt, als wenn die hypostatische Union sich mit der englischen Natur ereignet hätte.

 

fortzusetzen

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[In der Enzyklika Rerum Novarum vom 15.5.1891, kommt Papst Leo XIII.]

Ein wenig später erklärt der Papst in seiner Enzyklika:

„Ein weiterer Grundfehler bei der Behandlung unserer Frage ist die Vorstellung, daß die eine Schicht gleichsam von selbst in einem Gegensatz zur anderen stehe, gerade so, als ob die Natur die besitzende und die nichtbesitzende Klasse zu einem andauernden Zweikampf bestimmt habe. Dies wie­derspricht jeder Vernunft und Wahrheit.

Gemälde von George Morland 1788

Im Gegen­teil: wie im Körper die verschiedenen Glieder in einem Zustand der Ordnung zusammenwirken, weshalb man mit Recht von Symmetrie spricht, so hat die Natur auch das Leben des Staates darauf hin ausgerichtet, daß jene zwei Klassen einträchtig zusammenwirken und in ihrem gegenseitigen Ver­hältnis eine Gleichgewichtslage der Gesellschaft herbeifuhren.

Die eine bedarf notwendigerweise der anderen. Das Kapital existiert nicht ohne die Arbeit, noch die Arbeit ohne das Kapital. Ihre Harmonie erzeugt Schönheit und Ordnung; aus einem ewigem Konflikt jedoch können nur Durch­einander und wütende Schlachten hervorgehen“.1

 

1 Idem, S. 648-649 und IV, 15.

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Um den familiären Charakter der feudalen Regie­rungsform deutlich darzustellen, ist es nützlich, einen Teil des inhaltsreichen Buches Der Geist der Familie im Heim, in der Stadt und im Staate von Mons. Henri Delassus wiederzugeben, in welchem er die geschicht­liche Herkunft dieser Regierungsform beschreibt.

Um aber die Bedeutung der genannten Materie entsprechend zu würdigen, erscheint es wichtig, vorerst einige Lebensdaten des Autors anzugeben.

Das Vaterland, Herrschaftsgebiet des Vaters

Mons. Delassus zeigt, nachdem er in seinem Buch Der Geist der Familie im Heim, in der Stadt und im Staate an die These Fustel de Coulanges erinnert hat, daß die Familie die Keimzelle der antiken Gesellschaft war, daß diese These auch auf die Herkunft der aktuellen Zivilisation anwendbar ist:

„Man kann feststellen, daß die sozialen Schich­ten auf die gleiche Weise sich zu Beginn unserer modernen Zeit herausgebildet haben.

Der Krondomäne, Aussschnitt einer Karte Frankreichs im Jahr 1180.

Die Familie bildete – indem sie sich erweiterte – unter uns die mesnada (mesnada, magnie: Haus, Familie, wie man noch heute das Haus Frankreich nennt), so wie sie bei den Griechen die Phratrie (Bruderschaft) oder unter den Römern die gens (Sippe) gebildet hat. ‚Die Blutsverwandten, um das Oberhaupt versammelt, bildeten’ – wie Flach in seinem Werk, `Die Ursprünge des alten Frankreich’ sagt – `den Kern eines umfangreichen Verbandes, der mesnada. Die mittelalterlichen Texte, Chroni­ken und Heldenlieder beschreiben uns die mesnada, erweitert um das Patronat und die Klien­tel, als eine Einrichtung, die genau der gens der Römer entspricht’. Im Anschluß an diese Definition zeigt uns Flach, daß die mesnada, ihrerseits sich entwickelnd, zur Großfamilie wird, deren Ober­haupt noch immer der Vater ist. Das ,geht so weit, daß die Menschen, die unter der Herrschaft eines Feudalherren stehen, häufig in den Texten des 12. und 13. Jahrhunderts – der Zeit, in welcher sich die Feudalherrschaft voll entwickelt hat – mit dem Wort ,Familie’ bezeichnet werden. ,Der Baron – sagt Flach – ist vor allem ein Familienvater’. Und der Historiker zitiert Texte in denen der Vater aus­drücklich dem Baron gleichgestellt wird und der Sohn dem Vasallen. ‚Das Größerwerden (der Familie) läßt den Baron höherer Klasse entstehen’. Aus der kleinen Feudalherrschaft wird die große. Aus der Zusam­menfassung der großen Feudalherrschaften werden die Königreiche.

L’Esprit Familial dans la Maison, dans la Cité et dans l’Etat von Msgr. Henri Delassus

So entstand unser Frankreich. Sowohl die Sprache, als auch die Geschichte bestätigen das. Die Gesamtheit der unter der Autorität des Familienvaters stehenden Personen nennt man Familie. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts wird auch die Gesamtheit der Personen, die unter der Auto­rität des Herren, des Herren der mesnada stehen, eine Familie genannt. Die Gesamtheit der Men­schen, die dem Baron, dem Feudalherren, unterste­he, wurde ebenfalls Familie genannt. Und wir können sehen, daß alle französischen Familien zusammen, wie eine Familie regiert wurden. Das Gebiet, auf dem die verschiedenen Obrigkeiten ausgeübt wurden, sei es nun die des Familienva­ters, des Herrn der mesnada, des Feudalherren oder Königs, nannte man in den Dokumenten ein­heitlich Patria, das heißt, die Herrschaft des Vaters. Funck-Brentano sagt, daß `das Vaterland seinem Ursprung gemäß, das Familienland, das Land des Vaters war. Dieser Begriff umfaßte die Herrschaft und auch das ganze Königreich, wobei der König der Vater des Volkes war. Die Gesamtheit der Gebiete, über die sich die Autorität des Königs erstreckte, wurde Patria – das Vaterland – genannt’“.1

 

1 L’Esprit  Familial dans la Maison, dans la Cité et dans l’État, Société Saint-Augustin, Desclée de Brouwer, Lille, 1910, S. 16-17.

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Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Teil III, Dokumente IX, No. 2.

 

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Der mittelalterliche Geist, kampfbereit und kriegerisch, ebenso wie der vergleichbare Charakter der Kirche, kann mögli­cherweise die „Fundamentalisten“ des zeitgenössi­schen Pazifismus verwundern. Sie sind absolut nicht bereit, irgendeine Art von Krieg zu tolerieren und in ihren Ohren sind Ausdrücke wie „heiliger Krieg“ und „gerechter Krieg“ vollkommene Wi­dersprüche.

Es ist daher sicher nicht überflüssig, ver­schiedene päpstliche Texte und Niederschriften ka­tholischer Denker darzulegen, nach denen man erkennen kann, daß dieser Widerspruch nicht existiert.

 1. Das legitime Kriegsziel ist der gerechte Frieden

Im Dictionnaire Apologétique de la Foi Catho­lique kann man unter dem Stichwort „Paix et Guerre“ die Lehren des heiligen Augustinus zum Thema des Friedens und des Krieges finden. Sie lassen sich in vier Punkten zusammenfassen:

Die Belagerung von Akkon

  „Erstens gibt es Kriege, die gerechtfertigt sind. Es sind jene, die mit der Absicht, eine schuldhafte Handlung des Gegners zurückzuweisen, geführt werden.

  Jedenfalls aber muß der Krieg als das allerletz­te Mittel angesehen werden, das nur dann ange­wendet wird, nachdem man erkannt hat, daß es augenscheinlich unmöglich ist, auf andere Weise der gerechten Sache zum Sieg zu verhelfen. Denn, auch wenn der Krieg gerechtfertigt ist, verursacht er so viele und große Leiden – mala tam magna, tam horrenda, tam saeva [so großes, schreckliches und ernstes Unglück] –, daß man ihn nur unter dem Zwang einer unausweichlichen Verpflichtung beginnen darf.

Die Schlacht bei Magenta

  Das Kriegsziel ist nicht der Sieg und seine Ge­nugtuungen, sondern ein gerechter Frieden, das heißt, die Wiederherstellung der dauerhaften öf­fentlichen Ordnung, in der alle Dinge wieder an den zustehenden Platz zurückgebracht werden. …

  Schließlich bedeutet das Unglück des Krieges eine Strafe für die Sünden. Selbst dann, wenn eine Niederlage diejenigen demütigt, die Recht hatten, muß man diese schmerzliche Prüfung als von Gott gewollt ansehen, um das Volk zu strafen und zu reinigen von seinen Fehlern, die es als seine Schuld anerkennen muß“.1

 

1. YVES DE LA BRIERE, „Paix et Guerre“, im Dictionnaire Apologétique de la Foi Catholique, Gabriel Beauchesne Editeur, Paris, 1926, Bd. III, col. 1260.

 

 

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Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Teil III, Dokumente XI, No. 1.

 

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