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Der Adel und die Vergleichbaren Traditionellen Eliten

in den Ansprachen von Papst Pius XII

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Es gibt noch eine letzte Anwendung der Grundsätze dieses Buches – die allerschwierigste. Es wird nicht genügen, die Krise zu verstehen oder sich an der Debatte zu beteiligen. Die Zukunft gehört denen, die daran glauben, dass es sich lohnt, für Amerika zu kämpfen.
Unser Aufruf ist daher ein Aufruf zur Erbringung von Opfern – ein Aufruf, die frenetische Maßlosigkeit der Party mit ihren Spielen, mit ihrem Schnickschnack und ihren Vergnügungen (der modernen Version von Brot und Spielen), die wir bereits so lange feiern, hinter uns zu lassen. Gleichzeitig fordern wir die Amerikaner dazu auf, auf die Verfolgung ihrer legitimen Eigeninteressen und ihre Suche nach persönlichem Glück zu verzichten. Jetzt ist die Zeit gekommen, in erster Linie an das vom Untergang bedrohte Schiff zu denken.

Zwei Dinge werden nötig sein, um das Schiff zu retten. Zuallererst muß es Menschen geben, die der Situation gewachsen sind und die fähig und bereit sind, die Elemente zu vereinen, die die gegenwärtige Krise bewältigen können. Obwohl sich alle beteiligen und ihr Bestes geben sollten, richtet sich unser Appell insbesonderere an die repräsentativen Figuren – jene Führungskräfte auf allen Ebenen der Gesellschaft, die auf natürliche Weise die Bestrebungen ihrer Familien, sozialen Gruppen oder Gemeinden repräsentieren. In dieser von Gefahren bedrohten Zeit hoffen wir, dass sie sich die in diesem Buch dargestellten organischen Prinzipien zu Herzen nehmen und das Buch selbst als Anleitung verwenden, um Amerika in der Form wiederherzustellen, die uns die Vorsehung zugewiesen hat. Es ist unsere Hoffnung, dass es diesen repräsentativen Charakteren gelingen wird – wie dies ja auch in der Vergangenheit gelungen ist – die Nation schnell zu vereinen und eine Nation von Helden zu inspirieren, die dem Sturm, der auf uns zukommt, auch tatsächlich gewachsen sind.

Das zweite Element, das wir benötigen, ist ein Schlachtruf, eine Standarte, um die die Nation sich versammeln kann. Einer der Gründe, warum die gegenwärtige Krise derartige Ausmaße annehmen konnte, liegt darin, dass wir die Bezugspunkte, die einst unser Handeln bestimmten, verloren haben. Ein leidenschaftlicher Gerechtigkeitssinn oder die Praxis der Kardinaltugenden haben in der Wirtschaft keine orientierende Funktion mehr. Viel zu viele unserer grundlegenden Institutionen – Familie, Gemeinschaft, christlicher Staat und Kirche -, die einst Herz und Seele der Volkswirtschaft bildeten, sind geschwächt oder bereits zerstört. Ohne ein Hochhalten der Ehre gibt es nicht mehr jene Normen von Höflichkeit, Moral und Anstand, die das reibungslose Funktionieren der Gesellschaften und Volkswirtschaften ermöglichten und erleichterten. Wer kann sich unter solchen Bedingungen darüber wundern, dass die Menschen verwirrt sind?

Es ist Zeit, wieder eine Standarte zu erheben, unter der sich alle diejenigen, die durch den drohenden Sturm verunsichert sind, versammeln können. Unsere Standarte sollte das Bild einer organischen christlichen Ordnung tragen, die unser gemeinsames Ziel sein soll. Wir glauben, dass diese altbewährte Ordnung, die den materiellen und geistigen Bedürfnissen unserer Natur so wunderbar entspricht, angesichts der gegenwärtigen Krise als einigendes Prinzip und als Bezugspunkt dienen kann. Eine solche Standarte kann den unzähligen besorgten Amerikanern die Gewißheit zurückgeben, dass sie nicht allein sind in ihrer Überzeugung, dass Amerika keine Genossenschaft ist, sondern eine Nation, für die es sich zu kämpfen lohnt.

 

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Rückkehr zur Ordnung: Von einer hektischen, getriebenen Wirtschaft zu einer organischen christlichen Gesellschaft, von John Horvat II. Kapitel 51

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Der begeisterte Empfang des Grafen von Artois und zukünftigen König Karl X. bei seiner Heimkehr aus dem Exil zeigt auf klare Weise die Zuneigung, die das Volk den Repräsentanten der alten legitimen und väterlichen Dynastien entgegenbrachte.

Karl X. (Frankreich)

 

So ist das Ereignis von dem zeitgenössischen Historiker Georges Bordonove beschrieben:

Monsieur1 zog feierlich  am 10. April 1814 durch das Tor Saint-Denis in Paris ein. Der Baron von Frenilly bezeugt: `Weder Fenster noch Dächer reichten aus, um die begeisterte Menge aufzunehmen, die sich heiser schrie. Alles war mit Fahnen, Vorhängen, Teppichen und Blumen geschmückt, und alle Menschen schwenk­ten Tücher. Es war ein rührendes Schauspiel.’

Die Porte Saint-Denis. Foto durch Alec

Es war ein herrliches Wetter. Die Aprilsonne beschien die Menge von weißen Fahnen, Blumen und lachenden Gesichtern… Kinder und junge Leute klammerten sich an die Fenstergitter, andere, mutige, drängten sich auf den Dächern, schwenkten ihre Hüte. Trommelwirbel ertönte. Pferde tummelten sich auf dem Pflaster. Von allen Seiten ertönten die Rufe: Vive le Roi! Vive Mon­sieur! Beim Näherkommen zum Stadtzentrum von Paris erhöhte sich die Freude, und die Begeiste­rung wurde zum Delirium. Monsieur war wirklich ein schöner Mann! Seine Erscheinung war, trotz seiner 57 Jahre, eindrucksvoll! Seine blaue Uniform, ornamentiert und mit silbernen Achsel­klappen, stand ihm so gut! Er ritt mit solcher Eleganz das wunderschöne, weiße Pferd, das man ihm angeboten hatte! Sein Blick war so stolz und gleichzeitig so voller Güte! Er dankte für die Hoch­rufe auf so liebenswürdige Art! …

Die Kathedrale Notre-Dame de Paris. Foto durch matthewf01

Seit so langer Zeit hatte man keinen wirklichen Prinzen gesehen, bezaubernd und ein wirklicher Kavalier! So näherte er sich Notre-Dame.[.. Monsieur erlaubte der Menge, sich ihm zu nähern, seine Stiefel zu berühren, die Steigbügel und den Hals seines Pferdes. Die Kühnheit gefiel. Die Marschälle des Reiches folgten ihm. Einige erschienen vor ihm mit der dreifarbigen Kokarde. Andere verbargen ihre Feindseligkeit nicht. Alle waren darauf bedacht, ihre Posten zu behalten. Monsieur begrüßte sie. Nach und nach ließen auch die Marschälle sich von der allgemeinen Begei­sterung mitreißen. Die Bewegung, die Rufe der be­geisterten Menge verwirrten sie. Sie verstanden nicht, warum die Pariser sich derart für diesen Prinzen begeisterten, ein Unbekannter für sie, noch bis am Vortag. Ein geheimnisvoller Funke hatte ihre Herzen elektrisiert. Monsieur hatte ihn entzündet. Er besaß die Fähigkeit, Gefallen zu erregen, nicht nur die Masse, sondern auch die einzelnen Menschen zu erobern; heute würden wir das Charisma nennen. Er entsprach vollständig der Vorstellung, die man sich von einem Prinzen machte, sein Benehmen war so einfach und doch von höchster Würde, die man nicht lernen, nur erben kann …

Nur schwer bahnte er sich den Weg zu Notre­ Dame, wo ein Te Deum geplant war. Die Ereignisse überstürzten sich derart, daß keine Zeit mehr war, die Kathedrale zu schmücken. Man sah, daß er niederkniete und inbrünstig betete. Er dankte der Vorsehung dafür, daß sie ihm das Glück gewährt hatte, Frank­reich wieder zum Lilienthron zurückzubringen“.2

Krönungszeremonie von Karl X.

Möglich ist es, daß der Funke, der sich an der Begeisterung der Pariser über die Rückkehr der legitimen Monarchie entzündete, dadurch ent­stand, daß sie das damals allgemeine Gefühl teilten, welches Talleyrand in den Schlußworten des Briefes, den er an den künftigen Karl X. aus Anlaß der ersten Abdankung Napoleons sandte, so meisterhaft deutlich machte: „Nous avons assez de gloire, Monseigneur, mais venez, venez nous rendre l’honneur“ [Wir haben mehr als genug Ruhm, aber kommen Sie, Monseigneur, kommen Sie, uns die Ehre wiederzugeben].

 

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1 So wurde der jüngere Bruder des Königs benannt. Der Graf von Artois war Bruder des Königs Ludwig XVIII.

2 Les Rois qui ont fait la France – Charles X, Ed. Pygmalion, Paris, 1990, S. 121-123

 

Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Teil III, Dokumente X, No. 2.

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Der väterliche Charakter der mittelalterlichen Monarchie wurde weitgehend von den Herrschern des Hauses Habsburg bis zu ihrem Thronverlust im Jahre 1918 bewahrt.

Der röm.-dt. Kaiser Franz II. im Krönungsornat. Gemälde von Ludwig Streitenfeld.

Der Herzlichkeit dieses Charakters verleiht die Rede deutlichen Ausdruck, die der Bürgermeister von Wien gehalten hat, als er kurz nach der Niederlage bei Wagram (1809) Kaiser Franz I. empfing.

Für einen Leser, der vielleicht vom Geiste des Klassenkampfes durchdrungen ist, könnte diese Rede eher einem Märchenbuch entstammen, als einem geschichtlichen Ereignis.

 

Der Wortlaut dieser Rede wird von einem unbestreitbar korrekten Berichterstatter, dem Historiker Prof. Dr. Johann Baptist von Weiß (1820-1899) wiedergegeben:

„Die Anhänglichkeit [der Wiener] zeigte sich am feurigsten beim Empfang des Kaisers Franz I. nach dem verheerenden Krieg beim Abzug der Franzosen aus Wien am 20. November 1809, nach einem drückenden Aufenthalt im Lande von sechs Monaten und sieben Tagen. …

 

Am 16. November zogen österreichische Truppen wieder in Wien ein, am 27. November kam der Kaiser um vier Uhr nachmittags. Schon am frühen Morgen zogen Tausende und Tausende hinaus gegen Simmering, den geliebten Kaiser zu empfangen. Ganz Wien war auf den Beinen, Kopf an Kopf harrten sie wie Kinder auf den Anblick des teuren Vaters. Endlich um vier Uhr erschien er ohne jede Leibwache, in offener Kalesche in der Uniform seines Husarenregimentes, den Oberst­hofmeister Grafen Wrbna an seiner Seite. Der Boden, die Luft schienen zu zittern vom Jubelruf. `Willkommen unser Vater!’ Das Schwenken der Tücher wollte kein Ende nehmen.

Die Schlacht bei Wagram

Der Bürgermeister redete ihn an: ‚Geliebter Fürst! Wenn ein Volk im Kampf mit dem Unglück, leidend in mannigfacher Art, nur der Leiden seines Fürsten gedenkt, dann ruht die Liebe auf tiefem Grunde des Gefühls, nie vergänglich und fest. – Wir sind dieses Volk! Als unsere Söhne dahinsanken im blutigen Streite, als zerstörende Gewalt glühender Kugeln unsere Häuser stürzte, als die Grundfesten Wiens erbebten vom Donner der Schlachten, dachten wir Dein, Fürst und Vater, da dachten wir Dein in stiller Liebe. Denn Du hast diesen Krieg nicht gewollt. Nur das Verhängnis der Zeiten drang Dir ihn auf. Du hast das Beste gewollt. Der Urheber unserer Leiden warst Du nicht. Wir wissen es, daß Du uns liebst; wir wissen es, daß unser Glück Dein hei­liges, festes Wollen ist. Wir haben ihn oft empfun­den, den Segen Deiner väterlichen Milde. Be­zeichnet hast Du Deine Wiederkehr mit neuer Wohltat. Sei darum, väterlicher Fürst, in unserer Mitte mit unveränderter Liebe gegrüßt! Wohl hat der unglückliche Erfolg des Krieges Dir einen Teil der Untertanen geraubt. Doch vergiß den Schmerz Deines Verlustes im engeren Verein Deiner Treuen. Nicht die Zahl, nur der feste, andauernde Wille, die alles bindende Liebe sind der Throne heilige Stützen. Und von diesem Geiste sind wir alle beseelt. – Wir wollen Dir ersetzen, was Du verloren! Wir wollen bleiben unseres Vaterlandes wert; denn kein Österrei­cher verläßt seinen Fürsten, wenn es gilt. – Mögen die Mauern, die Deine Burg umgeben, in Trümmer zerfallen, die festeste Burg sind die Herzen Deines Volkes’.

 

Einen wärmeren Empfang hat wohl kein Monarch erhalten. Franz konnte nur im Schritt fahren. Das Volk küßte ihm die Hände, die Kleider, die Pferde. Bei der Burg angelangt, trug es ihn die breite Treppe empor. Am Abend waren die Stadt und die Vorstädte glänzend beleuchtet.1

 

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1 Lehrbuch der Weltgeschichte von Prof. Dr. Johann. Baptist. von Weiß. Verlags-Buchhandlung ,Styria’. Graz, 1898, Bd. X, S. 94-95.

 

­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Teil III, Dokumente X, No. 1.

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Frantz Funck-Brentano, ein französischer Schriftsteller, Historiker und Theaterautor.

Über die Rolle der Familie beim Aufbau der feudalen Gesellschaftsordnung schreibt der Historiker Franz Funck-Brentano, Mitglied des Institut Français, in seinem berühmten Buch Das Ancien Régime:

„Niemand wird bestreiten, daß das Ancien Régime seine Wurzeln in der feudalen Gesellschaft hat. Der Feudalismus selbst entstand in jener er­staunlichen Epoche, die von der Mitte des 9. Jahr­hunderts bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts reicht, aus der französischen Familienorganisation, die ihre privaten Institutionen nach und nach auf das öffentliche Leben ausweitete.

Die Bulgaren besiegen die Byzantiner bei Anchialos 917

Im Laufe des 9. und 10. Jahrhunderts hatten eine ganze Reihe von Überfällen der Barbaren, Normannen, Hunnen und Sarazenen das Land in die Anarchie gestürzt, der alle Institutionen zum Opfer gefallen waren. Der Bauer verließ sein Ac­kerland, um der Gewalt zu entfliehen; das Volk versteckte sich in den tiefsten Wäldern und in un­zugänglichen Sümpfen oder suchte seine Zuflucht im Hochgebirge. Das Band, das die Bewohner eines Landes einte, war zerrissen; die überlieferten Bräuche und Gesetze waren zerschlagen; niemand mehr regierte die Gesellschaft.

Inmitten dieser Anarchie ging von der einzigen noch heilen organisierten Kraft, von der einzigen Zuflucht, die niemand hatte besiegen können, weil ihre Fundamente in das menschliche Herz hinein­reichten, nämlich von der Familie, der Wiederauf­bau der Gesellschaft aus.

Mitten im Sturm widersteht die Familie, gewinnt an Kraft und wächst zusammen. Da sie ihren Bedürfnissen nachkommen muß, schafft sie sich die für die landwirtschaftliche und mechanische Arbeit und für die bewaffnete Verteidigung notwendigen Organe. Da es den Staat nicht mehr gibt, tritt an seine Stelle die Familie. Das gesell­schaftliche Leben dreht sich um das Heim, das Leben in Gemeinschaft beschränkt sich auf den Hausbereich und die dazugehörigen Güter, be­schränkt sich auf die Hauswände und was darum herumliegt.

Es handelt sich um eine nachbarliche Gesell­schaftsform, die von den restlichen Gruppen des­selben Musters jedoch völlig abgeschnitten ist.

In den Anfangszeiten unserer Geschichte erin­nert der Familienchef an den früheren pater fami­lias. Er befehligt die Gruppen von Menschen, die sich um ihn herum bildet und seinen Namen trägt, er organisiert die gemeinsame Verteidigung und verteilt die Arbeit je nacht Fähigkeiten und Bedürf­nissen eines jeden. Er herrscht – so heißt es in den Texten jener Zeit – als absoluter Herr. Man nennt ihn ‚sire’. Seine Gemahlin, die Familienmutter, wird ‚Dame’, ‚Domina’, genannt.

Wilfried I. von Barcelona. Statue im Plaza de Oriente, Madrid, Spanien.

So wurde die Familie für den Menschen zum Vaterland, und die lateinischen Texte jener Zeit nennen sie sogar so, ‚Patria’. Ihr gehört die zärtli­che Zuneigung des einzelnen um so mehr, als sie lebendig und konkret vor seinen Augen liegt. Ihre Macht, aber auch ihre Milde wird unmittelbar er­fahren als fester, geliebter Panzer, als notwendiger Schutz. Ohne Familie könnte der Mensch nicht bestehen.

Daraus entsteht das Gefühl der Solidarität, das die Familienmitglieder miteinander verbindet, und das sich unter dem Wirken einer souveränen Tra­dition weiterentwickelt und nach und nach genaue­re Umrisse annimmt“.1

 

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1 a.a.o., Americ.- Edit., Rio de Janeiro, 1936, Bd. I, S. l2-l4.

 

­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira. Teil III, Dokumente VIII, pps. 357-358.

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Heiliger Pierre Julien Eymard

Aus den Schriften des heiligen Pierre-Julien Eymard (1811-1868) über den heiligen Josef:

„Als Gott der Vater sich entschloß, der Welt Seinen Sohn zu geben, wollte Er es mit Ehren tun, denn Er ist aller Ehren und allen Lobes wert.

Er hat Ihm deshalb einen Hofstaat und königli­che Ehren, die Seiner würdig sind, vorbereitet: Gott wollte, daß Sein Sohn, auch auf Erden, würdig und glorreich empfangen werde, wenn schon nicht in den Augen der Welt, so doch in Seinen eigenen Augen.

Hl. Josef mit Jesus, Cuzco School

Das Mysterium der Gnade der Fleischwerdung des Wortes hat Gott nicht unvorbereitet durchge­führt. Jene, die von Ihm dazu ausersehen waren, daran teilzunehmen, wurden von Ihm seit langem dafür zubereitet. Der Hofstaat des menschgewor­denen Sohnes Gottes setzt sich aus Maria und Josef zusammen. Gott selbst hätte für Seinen Sohn keine, für Seine Begleitung, würdigeren Diener finden können. Beachten wir nun besonders den heiligen Josef.

Beauftragt mit der Erziehung des königlichen Prinzen Himmels und der Erde, um Ihn anzuleiten und Ihm zu dienen, war es nötig, daß seine Dienste seinem göttlichen Schüler zur Ehre gereichen würden: es wäre für einen Gott nicht ziemlich gewesen, sich Seines Vaters schämen zu müssen. Daher, da Er ein König aus Davids Geschlecht sein mußte, ließ Er den heiligen Josef aus dem gleichen königlichen Stamm geboren werden, damit er, da er adelig sein mußte, auch sogar irdischen Adels sei.

In den Adern des heiligen Josef fließt also das Blut Davids, Salomons und aller edler Könige Judas und, wenn ihre Dynastie weiter regiert hätte, dann wäre er (der hl. Josef) Thronerbe gewesen und hätte sein Erbe antreten müssen.

Haltet Euch nicht damit auf, seine tatsächliche Armut zu bedenken: seine Familie wurde zu Unrecht vom Thron vertrieben, auf den sie ein Recht hatte und deswegen hört der hl. Josef nicht auf, König, Sohn der Könige von Juda zu sein, von Königen, welche die größten, edelsten und reich­sten der Welt sind. Auch bei der Einschreibung zur Volkszählung in Bethlehem würde der hl. Josef vom römischen Gouverneur als Erbe und Nach­komme Davids erkannt werden: das ist seine, leicht erkennbare, königliche Urkunde, die seine königliche Unterschrift trägt.

Aber, was bedeutet uns der Adel des Hl. Josef? – so könntet Ihr vielleicht sagen. Jesus ist doch nur gekommen, um sich zu demütigen. Ich antworte, daß der Sohn Gottes, der sich zwar für eine gewisse Zeit demütigen wollte, dennoch in Seiner Person auch alle Formen der Größe vereinigen wollte: Er ist eben auf Grund Seines Erbrechtes König, da er ja von königlicher Abstammung ist. Jesus ist adelig, und wenn Er auch Seine Apostel aus dem gemeinen Volk auswählt, macht Er sie doch dadurch auch zu Edelleuten. Dieses Recht hat Er, da Er ein Sohn Abrahams und der Erbe des Thrones Davids ist. Er liebt diese besondere Ehre seiner Familie und die Kirche sieht den Adel nicht mit den Augen der Demokratie an, ehren wir deshalb alles, was Sie auch verehrt. Der Adel aber kommt von Gott.

Heißt das jetzt, daß man Adeliger sein muß, um unserem Herrn zu dienen? Wenn Ihr es seid, ist es eine zusätzliche Ehre für Ihn, aber es ist nicht unbedingt nötig. Er gibt sich mit dem guten Willen und dem Adel des Herzens zufrieden. Die Kirchen­geschichte zeigt uns allerdings, daß eine große Anzahl der Heiligen, darunter die Hervorragend­sten aus ihrer Schar, ein Wappen geführt haben, einen adeligen Namen besaßen und einer berühm­ten Familie entstammten, ja, einige von ihnen waren sogar königlichen Geblüts.

Unserem Herrn gefällt es, in allem, was ehren­voll ist, geehrt zu werden. Der hl. Josef erhielt im Tempel seine ausgezeichnete Erziehung, und Gott hat Ihn so darauf vorbereitet, der edle Diener Seines Sohnes, der Ritter des edelsten Prinzen, der Schützer der Erhabensten Königin des Universums zu sein.1

 

1 Mois de Saint Joseph, le premier et le plus parfait des adorateurs – Extrait des écrits du P. Eymard, Desclée de Brouwer, Paris, 7. Ausgabe, S. 59-62.

 

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Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira. Teil III, Dokumente IV, No. 7.

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Übernatürliche Ruhe und Gebet vor dem Gotteskind


Plinio Corrêa de Oliveira

(Bild:Fresco von Giotto die Bondone, gemahlt zwischen 1302 und 1306, in der Kapelle der Scrovegni, Padua.)

Die Weisen Könige kamen, nach der Tradition, aus dem Morgenlande und brachten ihre Geschenke dem Jesuskind.
Auf diesem Fresco des berühmten italienischen Malers Giotto erscheint die Muttergottes fürstlich gekleidet, mit ihrem göttlichen Kind auf dem Schoß, auf einem kleinen Thron sitzend. Ein reicher Teppich überzieht das Podium worauf er steht. Für den Empfang der Könige versteht sich die Pracht der Szene.
Links neben der Muttergottes steht ein Engel, rechts der hl. Josef, Heilige und andere, die der Künstler darstellen wollte. Oder es sind Menschen, die eines Tages, in der Zukunft, diese Szene geistig und im Gebet betrachten würden.
Folgendes fällt besonders auf: Einer der Könige betet gerade das Jesuskind an und küsst ihm die Füße. Die beiden anderen Könige verweilen ruhig, im Gebet vor der Gottesmutter und dem göttlichen Kind, und finden Gefallen an der Anbetungsgeste ihres königlichen Mitbruders. Sie sind zufrieden und vergnügt mit allem was geschieht und warten bis sie an der Reihe sind, das Kind zu huldigen. Doch ohne Ungeduld, mit der Ruhe und Gelassenheit, die im Mittelalter sehr gut die Anwesenheit Gottes, den göttlichen Geist und die göttliche Gnade in der Seele dieser Personen ausdrückte.
Gleich hinter den Königen sehen wir einen Mann, der anscheinend ein Kamel bändigt, damit es keine Unruhe gibt. Dieser Diener ist ein „animalis homo“, ohne jegliches Übernatürliche, strahlt keine Ruhe und Gelassenheit aus. Er ist aufgeregt, wirsch und beobachtet alles, spitze Nase, hervorspringende Augen und herrisch. Er macht den Eindruck, als ob er nichts anderes sein kann, als Kamelhirte.

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Auszug aus einem Vortrag von Plinio Corrêa de Oliveira für Mitglieder der TFP am 30.11.1988.

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Wer vermag zu sagen, wie viele Menschen an diesem Weihnachtsfest vor einer Krippe niederfallen werden? Wer ist in der Lage, die Menschen aus allen Rassen und in allen Breiten zu zählen, die an die Wiege des göttlichen Knaben herantreten werden, um ihn an diesem Tage, an dem sich die Pforten der göttlichen Barmherzigkeit in all ihrer Großzügigkeit öffnen, besonders reiche Gnaden zu erbitten?

Gemälde von Bernardino da Asola.

Der göttlichen Vorsehung hat es gefallen, dem Jesusknaben drei Weisen, die nach einer ehrwürdigen Überlieferung auch Könige waren, und einige Hirten als Besuch zu schicken, ausgerechnet die Vertreter der äußersten Enden der menschlichen Wertschätzungsskala, denn der König steht von Rechts wegen an der Spitze der gesellschaftlichen Hochschätzung, der politischen Autorität und der wirtschaftlichen Macht, und der Weise ist der Ausdruck geistigen Vermögens. Der Hirte aber steht in der Werteskala ganz unten, wenn es um Prestige, Macht und Wissen geht. Nun hat aber die Gnade, die aus fernen Ländern die weisen Könige zur Krippe ziehen ließ, auch die Hirten aus den Tiefen ihrer Unwissenheit herbeigerufen. Die Gnade begeht keine Fehler und was sie macht, macht sie ganz. Wenn sie sie gerufen und ihnen den Weg gezeigt hat, wird sie ihnen auch beigebracht haben, wie sie sich vor dem Gottessohn verhalten sollten. Und wie traten sie vor ihn? In der ihnen eigentümlichen Art und Weise. So zogen die Hirten mit ihren Tieren zur Krippe, ohne vorher noch Bethlehem aufzusuchen und sich dort erst einmal für den Besuch herauszuputzen. Die Weisen aber erschienen mit ihren Geschenken – Gold, Weihrauch und Myrrhe – ohne jedoch ihre Hoheit zu verbergen, weil diese vielleicht nicht zu der höchst bescheidenen Umgebung gepasst hätte, in der sich das göttliche Kind befand.

Die in einer reichen Ikonographie zum Ausdruck kommende christliche Frömmigkeit hat es während der Jahrhunderte und bis heute durchaus so gesehen, dass die Drei Könige mit allen Zeichen ihrer Würde zum Stall gezogen sind. Das bedeutet aber, dass sich an der Krippe jeder so zeigen soll, wie er ist, ohne Verstellungen oder Abschwächungen. Denn es ist Platz für alle, für die Großen und die Kleinen, für die Starken und die Schwachen, für die Weisen und die Einfältigen. Wichtig allein ist, dass sich jeder selbst kennt, damit er auch weiß, wo sein Platz in der Nähe des Jesuskindes ist.

 

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Portugiesischer Originaltitel „Apparuit benignitas et humanitas Salvatoris nostri Dei“
in Catolicismo, Dezember 1955

http://p-c-o.blogspot.com/2017/12/in-der-nahe-des-jesuskindes.html

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Im Stall zu Bethlehem, mitten in einer tiefen Nacht, erstrahlte für die Welt die Erlösung.


Es kann sein, dass im gleichen Moment, in dem der Erlöser geboren wurde, der hochmütige römische Kaiser in seinem Palast dem bitteren Grübeln über den kläglichen Ausgang seiner moralisierenden Politik ausgeliefert war. Es kann sein, dass in der nahen Umgebung des kaiserlichen Palastes bis tief in die Nacht einige dieser wüsten Orgien abliefen, die für den obligatorischen Tratsch der nächsten Tage häufige Nahrung lieferte. Weder die einen noch die anderen, weder der geniale Kaiser noch die Sibariten, die die Gesellschaft korrumpierten, hatten eine Ahnung, was in diesem Moment in Bethlehem geschah.

Augustus

Und es war nicht im Kaiserpalast, nicht in den aristokratischen Orgien, nicht in den Verschwörertreffen wo sich das Schicksal der Welt entschied. Die Gesellschaft der Zukunft, die aus der vollkommenen und vollständigen Lösung der lebenswichtigsten Probleme der damaligen Zeit hervorging, wurde in Bethlehem geboren. Die Welt empfing aus den jungfräulichen Händen Mariens den Messias, der durch sein Blut die Welt erlösen und sie mit seinem Evangelium neu organisieren würde.

Welche wichtige Lehre können wir daraus ziehen?


So wie für die Menschheit in der Zeit des Augustus die Lösung der verstricktesten sozialen und politischen Probleme nicht gefunden wurde als nur in Christus allein, so müssen wir in unsere Zeit nur in die katholischen Kirche, den mystischen Leib Unseres Herrn Jesus Christus, unsere Hoffnungen setzen.

 

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Plinio Corrêa de Oliveira in „O Legionário“ vom 25.12.1938

http://p-c-o.blogspot.com/2017/12/im-stall-zu-bethlehem-liegt-die.html

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Das Rosenwunder der Hl. Elisabeth.

Im Jahre 1634 legte Papst Urban VIII. mit dem Brevier Coelestis Jerusalem Cives die Maßstäbe zur Heiligsprechung einer Person fest, und diese sind in ihrem Wesensgehalt bis heute gleichgeblie­ben.

Im Hinblick auf die Diener Gottes, denen mit Duldung der Kirche nach dem Pontifikat Papst Alexan­ders III. öffentliche Ehrerbietung teilgeworden war, sahen die Verfassungsgrundsätze Urbans VIII. die Bestätigung des Kultes oder eine gleichwertige Heiligsprechung vor, „durch Sentenz, durch welche der Oberste Hirte anordnet, einen Diener Gottes in der universellen Kirche wie einen Heiligen zu verehren, genauer, einen Diener, für den zwar kein regulärer Prozeß eingeleitet worden ist, der aber seit unvordenklichen Zeiten eine öf­fentliche Verehrung erfährt“.1 Diese Vorgehens­weise galt auch für ähnliche Fälle nach der Zeit der Verfassungsgrundsätze Urban VIII.

So kann man also erst seit dem Jahre 993 – dem Datum der ersten päpstlichen Heiligsprechung – eine Liste jener Heiligen aufstellen, die vom Heiligen Stuhl ernannt worden sind. Doch ist diese Liste noch nicht vollständig; es fehlen Unterlagen von ganzen Epochen. Außerdem enthält diese Liste nicht alle Heiligen, denn zwischen 993 und 1234 machten die Bischöfe – wie gesagt – mit der Bestätigung der Kulte weiter. Von daher waren viele Personen Gegenstand öffentlicher Verehrung ohne jeglichen Eingriff aus Rom.

Erst ab dem Beginn des 16. Jahrhunderts kann man sicher sein, daß die Liste der Heiligen und Seligen (eine von der Gesetzgebung Papst Urbans VIII. anerkannte Unterscheidung) lückenlos ist.2

Außer der Schwierigkeit, eine vollständige Hei­ligenliste aufzustellen, ergibt sich die Frage, welche der bisher gewonnenen Namen dem Adel zuzurechnen sind.

Clemens August Kardinal Graf von Galen

In der Tat ist es nicht immer einfach, die adelige Herkunft einer Person mit Gewißheit auszuma­chen. Einerseits war nämlich die Entwicklung des Adelsbegriffs fortschreitend und höchst organisch und geprägt von den Eigenschaften verschiedener Völker und Regionen, was gelegentlich eine genaue Antwort auf die Frage erschwert, wem denn nun die Ehre der Zugehörigkeit zum Adelsstand gebührt; andererseits gibt es erhebliche Schwierig­keiten bei der zuverlässigen Bestimmung der Vor­fahren einer Person. Übrigens ist genau das der Punkt, der viele dazu führte, führt und immer wieder führen wird, sich über lange Zeit hinweg der Nachforschung nach der genealogischen Her­kunft verschiedener Personen zu widmen. Es ist also oft schwierig, die gesellschaftliche Herkunft eines Heiligen auszumachen.

Im Hinblick auf all diese Probleme ging es darum, Forschungsquellen auszuwählen, die so vollständig wie möglich, gleichzeitig aber auch gänzlich glaubwürdig waren, um eine Statistik auf­zustellen, welche annähernd genau die Anzahl der Adeligen unter den Heiligen widergibt.

Die Wahl fiel daher auf den Index ac Status Causarum,3 der eine amtliche Veröffentlichung der Kongregation für die Angelegenheiten der Heili­gen ist, Nachfolger der vormaligen Ritenkongrega­tion. Es handelt sich um „eine außerordentliche und weitumfassende Ausgabe zur IV. Jahrhundert­feier der Kongregation, welche alle von der Kongregation zwischen 1588 und 1988 behandel­ten Prozesse enthält, sowie zusätzlich die älteren, im Geheimarchiv des Vatikans aufbewahrten Prozesse“.

Heilige Hedwig von Polen

Das Werk enthält zudem mehrere Anhänge, von denen drei besonders interessant sind. Im ersten werden, ausgehend vom Index ac Status Causa­rum, den Pater Beaudoin 1975 herausgegeben hat, die Bestätigungen der Kulte aufgelistet, wobei einige Namen von Seligen hinzugefügt bzw. gestri­chen werden, die nachträglich in den Heiligenka­talog aufgenommen worden waren. Im zweiten Anhang gibt es eine Liste derjenigen, die seit der Einrichtung der Ehrwürdigen Ritenkongregation seliggesprochen wurden, deren Kanonisierung aber noch aussteht. Im dritten Anhang werden schließlich die Heiligen aufgezählt, deren Angele­genheit von der Ehrwürdigen Ritenkongregation behandelt wurden, einschließlich der Fälle der gleichwertigen Kanonisierungen.

Mit dieser Namensliste wurden die im Werk Bibliotheca Sanctorum4 enthaltenen Biografien verglichen, um die Adelszugehörigkeit herauszu­finden. Kardinal Pietro Palazzini, ehemaliger Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechung, hat dieses Werk geleitet, und es gilt als die vollständigste Aufzäh­lung all derer, die seit den Anfängen der Kirche verehrt worden sind.

Heilige Katharine Maria Drexel

Da es nicht Hauptzweck der Bibliotheca Sanctorum ist, die gesellschaftliche Herkunft der erwähnten Personen anzugeben, sondern vielmehr mit der Verehrung zusammenhängende Probleme, ist es häufig aus Angabenmangel unmöglich, einen Adeligen von einem Nichtadeligen zu unterschei­den. Um klare Kriterien aufrechtzuerhalten, wurden außerdem aus Prinzip nur solche Adelige mitgezählt, von denen das Werk bestätigt, daß sie adelig oder adeliger Herkunft sind. Diejenigen, von denen der Text lediglich angibt, sie gehörten „wichtigen, bekannten, alten, mächtigen usw.“ Familien an, wurden nicht in die Liste aufgenommen. Man hat also lieber darauf verzichtet, Personen, deren adelige Herkunft ernsthaft zu vermuten oder auf dem Weg über andere Quellen mit Sicherheit fest­stellbar war, aufzunehmen, um Zweifelsfälle aus­zuschließen.

Außerdem erschien es geboten, um eine höhere Genauigkeit der Statistik zu erreichen, die nachste­henden Kategorien nach dem Index ac Status Cau­sarum zu unterscheiden:

– die nach einem kanonischen Prozeß kanoni­sierten Heiligen;

– die nach einem kanonischen Prozeß seligge­sprochenen Seligen;

– diejenigen, deren Kult bestätigt wurde;

– die Diener Gottes, deren Seligsprechungs­prozeß noch nicht abgeschlossen ist.

Es wird nun die prozentuelle Verteilung auf diese Gruppen angegeben, wobei darauf geachtet wurde, in jeder Gruppe zu unterscheiden zwischen denen, die einer individuellen Prüfung unterzogen wurden und jenen, die einer Gruppe angehören, die in ihrer Gesamtheit im Zuge eines Prozesses beurteilt wurden, wie etwa die japanischen, englischen oder vietnamesischen Märtyrer.5

Heilige Jeanne d’Arc

Um die Prozentanteile in diesen verschiedenen, statistischen Aufstellungen richtig beurteilen zu können, ist es wichtig, den Durchschnittsanteil der Adeligen an der Gesamtbevölkerung eines Landes zu kennen. Wir beschränken uns auf zwei Beispie­le, die sowohl charakteristisch, als auch sehr ver­schieden sind.

Nach den Angaben des angesehenen österrei­chischen Geschichtswissenschaftler J. B. von Weiß, der sich dabei auf Angaben von Taine stützt, betrug der Anteil der Adeligen an der Gesamtbevölkerung Frankreichs vor der Französischen Revolution nicht einmal 1,5%.6

Seinerseits stellt G. Marinelli in seiner geogra­phischen Arbeit La Terra7  unter bezug auf das Werk Das Russische Reich (Leipzig, 1880) von Peschel-Krümel, eine Statistik des russischen Adels zusammen, nach der diese Gesellschafts­klasse nicht mehr als 1,15 % der Gesamtbevölke­rung ausmachte, selbst wenn man den Erb- und den persönlichen Adel zusammenzählt. In der gleichen Arbeit Marinellis lesen wir, daß Reclus im Jahre 1879 eine ähnliche Statistik erstellte, die zu einem Wert von 1,3 % kommt. Van Löhen gelangt 1881in gleicher Weise zu dem Resultat von 1,3%.

Offensichtlich zeigen diese Prozentsätze ge­ringfügige Unterschiede, die sich aus zeitlichen und räumlichen Verschiebungen in der Erhebung ergeben, sie sind jedoch nicht sehr bedeutsam.

Venerabile Anna de Guignè, 25. April 1911 – 14. Januar 1922.

Die Daten, die wir vorher angeführt haben, zeigen, daß in jeder dieser Kategorien (Heilige, Selige, Bestätigung der Kulte und laufenden Pro­zesse) der Prozentanteil der Adeligen bedeutend höher ist, wie ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung eines Landes.8 Das straft die Äußerungen der Revolutionäre Lügen, die behaupten, daß die Zugehörigkeit zum Adel und die Lebensge­wohnheiten dieser Klasse mit einem tugendhaften Verhalten unvereinbar seien.

HEILIGE
                                        Personen           Adelige                   %
Individuelle Prozesse        184                   40                           21,7
Gruppenprozesse (11)       364                   12                           3,3
Gesamt.                            548                   52                           9,5
SELIGGESPROCHENE
                                        PERSONEN     ADELIGE               %
Individuelle Prozesse        182                   22                           12,0
Gruppenprozesse (26)       1074                 46                           4,3
Gesamt                             1256                 68                           5,4
BESTÄTIGUNG DES KULTES
                                        PERSONEN ADELIGE         %
Individuelle Prozesse        336                   107                         31,8
Gruppenprozesse (24)       1087                 10                           0,9
Gesamt                             1423                 117                         8,2
LAUFENDE SEELIGSPRECHUNGSPROZESSE (1993)
                                        PERSONEN   ADELIGE                 %
Individuelle Prozesse        1331              149                            11,2
Gruppenprozesse (146)     2671              13                              0,5
Gesamt                             4002              162                            4,0

 

 

 

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1. T. ORTOLAN, Stichwort Canonisation, in Dictionnaire de Théologie Catholique, Letouzey et Ane, Paris, 1923, Bd. II, Zweiter Teil, col. 1636.

2. Vgl. ANDRE VAUCHEZ, La Sainteté en Occident aux derniers siècles du Moyen Age, Ecole française de Rome, Palais Farnese, 1981; JOHN F. BRODERICK SJ, A Census of the Saints (993-1955)  in The American Ecclesiastical Review, August 1956; PIERRE DELOOZ, Sociologie et Canonisations, Martinus Nijhoff, Den Haag, 1969; DANIEL RUIZ BUENO, Actas de los Martires, BAC, Madrid, 1951; Archives de Sociologie des Religions, veröffentlicht von der Gruppe Religionssoziologie, Editions du Centre National de la Recherche Scientifique, Paris, Januar-Juni 1962.

3. Congregatio pro Causis Sanctorum, Vatikanstadt, 1988, 556 Seiten.

4. Institut Johannes XXIII. der Päpstlichen Lateran-Universität, 12 Bände, (1960-1970); Anhang (1987).

5. Der Index ac Status Causarum gibt die genaue Anzahl der Personen nicht an, die in einigen dieser Rubriken überprüft werden, so daß es unmöglich ist, ihre genaue Anzahl anzugeben. Die so bezeichneten Zahlen der Statistik sind deshalb geschätzt.

6. siehe: Historia Universal, Bd. XV, T.I, Tipografia la Educacion, Barcelona, 1931, S. 212.

7. La Terra – Trattato popolare di Geografia Universale, Casa Editrice Francesco Vallardi, Milano, 7 Bd., 8450 Seiten.

8. Man beachte in den verschiedenen statistischen Aufstellungen, die bemerkenswerten Differenzen des Prozentanteiles der Adeligen bei den individuellen Seligsprechungsprozessen und den Gruppenprozessen. Das ist vor allem durch zwei Motive zu erklären: Zum einen nennt die Bibliotheca Sanctorum in vielen dieser Prozesse nur die Namen, ohne biographische Daten anzugeben, die es gestatten würden festzustellen, ob es sich um Adelige oder Bürgerliche handelt. Zum anderen beziehen sich die meisten Gruppenprozesse auf Gruppen von Märtyrern. Es war außerdem normal, daß die Verfolgungen die gesamt katholische Bevölkerung betrafen, ohne Ansehen des sozialen Standes, weshalb es nur natürlich ist, daß sich unter den Märtyrern eine ebenso große Anzahl Adeliger befand, wie es ihrem Prozentanteil an der Gesamtbevölkerung entsprach.

 

Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, DOKUMENTE XII.

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Das heutige Unverständnis gegenüber dem Adel und analogen traditionellen Eliten rührt zum großen Teil von der geschickten, wenn auch völlig unsachlichen Propaganda her, welche die Franzö­sische Revolution gegen sie geführt hat.

Die ernsthafte Geschichtsschreibung hat mit wachsendem Erfolg jene Propaganda bekämpft, die während des 19. und 20. Jahrhunderts unauf­hörlich von ideologischen und politischen Nachfolgeströmungen der Französischen Revolution genährt und un­terhalten wurde. In gewissen Bereichen der Mei­nungsbildung jedoch besteht diese Propaganda auch noch weiterhin fort. Es ist daher nicht ganz unwichtig, wenn das vorliegende Werk sich dazu äußert.

Nach Meinung der Revolutionäre von 1789 bestand der Adel hauptsächlich aus Genießern des guten Lebens, welche ehrenvolle und bedeutende wirtschaftliche Privilegien innehatten, die es ihnen erlaubten, nach Herzenslust von den Verdiensten zu leben, die ihre fernen Vorfahren erworben hatten; daher konnten sie sich den Luxus leisten, ausschließlich die Freuden des irdischen Lebens auszukosten. Und, was noch schlimmer ist, besonders die Freuden der Muße und der Wollust.

Diese Klasse von Genießern sei außerdem in hohem Maße unerträglich für die Nation, zum Nachteil der armen Klassen, die nun ihrerseits zweifelsohne arbeitsam, ehrbar und dem Gemein­wohl nützlich seien.

Dies alles führt zu der Vorstellung, das einem Adeligen eigentümliche Leben mit all seinem ihm innewohnenden Glanz und seiner Verschwendung lade von selbst zu einer Haltung von moralischer Laxheit ein, grundverschieden von der Askese, welche die christlichen Prinzipien erforderten.

Ohne zu bestreiten, daß an dieser Version etwas Wahres dran ist, denn im Adel und in den entspre­chenden Eliten des auslaufenden 18. Jahrhun­derts hatten sich schon – als Vorläufer – Zeichen der schrecklichen moralischen Krise unserer heutigen Tage bemerkbar gemacht, muß doch betont werden, daß diese dem guten Ruf der adeligen Klasse schädliche Version weit mehr Falsches als Richtiges enthielt.

Dies beweist unter anderem die Geschichte der Kirche selbst durch die große Zahl der Adeligen, die auf die Ehre der Altare erhoben wurden. Auf diese Weise wird die heldenhafte Ausübung der Zehn Gebote sowie der evangelischen Räte durch die Adeligen bezeugt.

Von daher konnte der heilige Pierre Julien Eymard sagen, daß „die Annalen der Kirche zeigen, daß eine große Zahl der Heiligen – und deren die berühmtesten – ein Wappen aufwiesen, vornehmen Namen und Familie besaßen: einige waren sogar königlichen Blutes. 1

Verschiedene dieser Heiligen zogen sich aus der Welt zurück, um auf sicherem Wege die heldenhaf­te Tugend zu erlangen. Andere jedoch wie der Hl. König Ludwig von Frankreich und der Hl. König Ferdinand von Kastilien behielten ihre Lage unverändert bei und erreichten die Heldentugend, indem sie vollständig innerhalb der ihnen eigenen aristokratischen Standesbedingungen lebten.

Zur Vervollständigung der Richtigstellung jener Versionen, deren Absicht es ist, den Adel sowie die von ihm umfaßten Gewohnheiten und Lebensfor­men zu verleumden, wurde gelegentlich unter­sucht, wie hoch die Zahl der Adeligen unter den von der Kirche verehrten Heiligen war.

Es war indessen unmöglich, eine spezifische Forschungsarbeit diesbezüglich aufzufinden. Einige Forscher behandelten diese Frage, ohne jedoch darüber eine genaue und ausführliche Un­tersuchung angestellt zu haben. Ihre Berechnungen beruhen auf Listen, die sich als unvollständig her­ausgestellt haben.

der Heilige Ludwig IX. von Frankreich

Besondere Beachtung verdient eine Arbeit von Andre Vauchez, Professor der Universität Rouen, unter dem Titel La Sainteté en Occident aux der­niers siècles du Moyen Age,2 die auf den Heiligsprechungsprozessen und hagiografischen Urkunden des Mittelalters beruht.

Sie zeigt eine Statistik aller von Päpsten ange­ordneten Prozesse „de vita, miraculis et fama“ zwischen 1198 und 1431. Es handelt sich insge­samt um 71 Prozesse, von denen 35 zu dem Schluß gelangten, daß die von ihnen untersuchten Perso­nen verdienen, auf die Ehre der Altare gehoben zu werden.

Vauchez gibt folgende Statistik an:

Zwischen 1198 und 1431 angeordnete Prozesse zur Heiligsprechung (71 Fälle)
Adelige                            62,0%
Mittelschicht                      5,5%
Volk                                   8,4%
Unbekannte gesellschaftliche Herkunft                                        14,1
Von einem Papst des Mittelalters Heiliggesprochene (35 Fälle)
Adelige                            60,0%
Mittelschicht                    17,1%
Volk                                   8,6%
Unbekannte gesellschaftliche Herkunft                                        14,3%

Obwohl hochinteressant, können diese Angaben den Wunsch nach einem vollständigeren Bild nicht erfüllen, da sie sich auf eine sehr be­schränkte Personenzahl und auf einen relativ kurzen Zeitraum beziehen.

Damit stellt sich die Notwendigkeit einer Un­tersuchung, die – ohne allerdings das Thema damit zu erschöpfen – einen größeren Personen­kreis sowie eine weitere Zeitspanne umfassen müßte.

Einer solchen Aufgabe haben sich nun jedoch einige beträchtliche Schwierigkeiten entgegenge­stellt.

Vor allem die Tatsache, daß es eine offizielle Liste der von der Katholischen Kirche verehrten Heiligen nicht gibt.

Dies ist eine allerdings sehr verständliche Schwierigkeit, denn das Nichtvorhandensein einer solchen Liste steht im Zusammenhang mit der Kir­chengeschichte selbst und mit der fortschreitenden Vervollständigung ihrer Institutionen.

der Heilige Edith Stein

Der Heiligenkult hatte in der Katholischen Kirche mit der Verehrung der Märtyrer begonnen. Die örtli­chen Gemeinden ehrten einige ihrer Mitglieder, die Opfer von Verfolgungen geworden waren.

Von den Tausenden jener, die in den ersten Jahrhunderten der Kirche zum Zeugnis des Glau­bens ihr Blut vergossen hatten, sind uns lediglich ein paar hundert Namen überliefert, sei es aus den Gerichtsakten – von den Heiden verfaßt –, welche die mündlichen Prozesse aufgezeichnet haben, sei es aus Augenzeugenberichten der Märtyrer.

Neben der Tatsache, daß Unterlagen dieser Art in bezug auf alle Märtyrer fehlen, wurden viele dieser Gerichtsakten – deren Lesung die Seelen der ersten Christen entflammte und ihnen ein Bei­spiel zum Ertragen neuer Drangsalierungen gab ­- während der verschiedenen Verfolgungen, beson­ders unter Dioklezian, zerstört.3

Daher ist es schließlich unmöglich, all jene Märtyrer zu kennen, die in den ersten Jahrhunder­ten der Kirche Objekt der Verehrung von Seiten der Gläubigen gewesen waren.

Kaiser Heinrich II. und seine Frau Kunigunde.

Mit dem Ende der Verfolgungen und über einen langen Zeitraum hinweg wurden die Heiligen von beschränkten Gruppen von Gläubigen verehrt, ohne vorherige Untersuchung und ohne das Urteil einer kirchlichen Autorität.

Mit erhöhter Beteiligung der Autoritäten bei der Organisierung katholischer Gemeinden wuchs spä­terhin auch die Rolle dieser Autoritäten bei der Auswahl der Verehrungswürdigen. Die Bischöfe gingen dazu über, die Errichtung eines bestimmten Kultes zu gestatten und häufig auf Bitten der Gläubigen hin zu bestätigen, indem sie die Reliquien eines treuen Heiligen aushoben und überführten.

Erst gegen Ende des ersten Jahrhunderts fing der Papst an, gelegentlich in die offizielle Heiligspre­chung einzugreifen. In dem Maße, in dem die Macht der römischen Päpste sich festigte und die Kontakte mit ihnen häufiger wurden, gingen die Bischöfe dazu über, den Papst um Bestätigung des Kultes zu bitten, was zum ersten Male im Jahre 993 vorkam.

der Heilige Bonifatius

Später, im Jahre 1234, machen die Verordnun­gen die Inanspruchnahme des Heiligen Stuhls erforderlich und reservieren dem Papst das Recht auf Heiligsprechung.

Zwischen diesen beiden Zeitpunkten jedoch gehen viele Bischöfe bei der Reliquienüberführung und der Bestätigung des Kultes nach den bisherigen Sitten vor.

Ab 1234 werden die Prozesse zur Bestimmung der Heiligenverehrung Schritt für Schritt vervoll­kommnet.

Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts gründet sich die päpstliche Entscheidung auf eine Vorentscheidung, die von einem Kollegium durchgeführt wurde, das aus drei für diesen Zweck besonders beauftragten Kardinälen besteht. Und bei dieser Form blieb es bis 1588, wo die Prozesse der Kongrega­tion für Riten übergeben und anvertraut wurden, die im Jahr vorher von Papst Sixtus V gegründet worden waren.

Im 17. Jahrhundert erreichte diese Entwick­lung ihren Abschluß.

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1 Mois de Saint Joseph, le premier et le plus parfait des adorateurs – Extrait des écrits du P. Eymard,  Desclée de Brouwer, Paris, 7. Ausgabe, S. 62.

2 Ecole française de Rome, Palais Farnese, 1981, 765 Seiten.

3 Vgl. DANIEL RUIZ BUENO, Actas de los Martires. BAC, Madrid, 1951.

 

­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, DOKUMENTE XII.

 

Fortsetzung folgt

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Die Zeichen dieser zärtlichen Liebe waren überall zu finden, denn der mittelalterliche Mensch suchte stets nach Möglichkeiten, die unendliche Vollkommenheit Christi durch greifbare Symbole auszudrücken. Tatsächlich sucht die Liebe nichts anderes, als sich selbst zu verschenken und ihre großen Reichtümer allen anderen weiterzugeben.

Kathedrale von Metz

Taylor sagt dazu: „Das Bedürfnis, das Unendliche und Universale durch Symbole zu erfassen, war die Inspiration der mittelalterlichen Kunst: es baute die Kathedralen, malte ihre Fenster, füllte ihre Nischen mit Statuen, schnitzte Abbilder der Propheten, stellte die Gottesgaben der verschiedenen Jahreszeiten, die Laster und Tugenden der Seele und ihre ewige Bestimmung dar und bereicherte zugleich die Liturgie mit symbolischen Worten und Taten.”366

 

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366 ebd., 21. Henry Osborn Taylor sah diese Bewegung als eine poetische Weiterentwicklung dessen, was der mittelalterliche Mensch von den Kirchenvätern übernommen hatte: „So nahmen Heilige, Dichter und Handwerker gemeinsam das Christentum in Besitz und belebten damit das, was ihnen von den lateinischen Vätern hinterlassen worden war, durch Nachdenken, durch Liebe, durch Umsetzung in ihrem täglichen Leben, durch ihr Vorstellungsvermögen, indem sie es in Poesie und Kunst verwandelten.” (ibid).

 

Rückkehr zur Ordnung: Von einer hektischen, getriebenen Wirtschaft zu einer organischen christlichen Gesellschaft, von John Horvat II

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„Zwei Dinge begreift man leicht:

 

Erstens, daß diese Religion, die jeder Stadt eigen war, den Bau des Gemeinwesens sehr stark, ja fast unerschütter­lich gründen mußte; es ist in der Tat merkwürdig, wie lange diese soziale Organisation trotz ihrer Fehler und trotz der Gefahren, die sie barg, gedau­ert hat.

 

Zweitens, daß diese Religion durch lange Jahrhunderte das Aufkommen einer anderen sozia­len Form als die der Stadtgemeinde verhindern mußte.

Gemälde von Hubert Robert

Jede Stadtgemeinde mußte vollständig unab­hängig sein; die Religion selbst erforderte dies. Jede mußte ihr eigenes Gesetzbuch haben, weil jede ihre Religion hatte und weil das Gesetz eben von der Religion herrührte. Jede mußte ihre leiten­de Justiz haben und die Justiz der Stadt war von jeder andern unabhängig. Jede hatte ihre religiö­sen Feste und ihren Kalender; in zwei Städten konnten die Monate und das Jahr nicht dieselben sein, weil die Reihenfolge der religiösen Handlun­gen eine verschiedene war. Jede hatte ihr besonde­res Geld, das zu Anfang gewöhnlich mit religiösen Sinnbildern bezeichnet war. Jede hatte ihr Maß und ihre Gewichte. Man erlaubte nicht, daß zwischen zwei Städten etwas gemeinsam war. …

 

Griechenland war es niemals gelungen, einen einzigen Staat zu bilden; weder die römischen noch die etruskischen Städte, noch die samnitischen Tribus haben jemals eine geschlossene Vereini­gung bilden können. Man hat das unheilbare Zer­teilungsbedürfnis der Griechen der Natur ihres Landes zugeschrieben, und man sagte, daß die Gebirge, die sich dort kreuzten, zwischen den Men­schen natürliche Grenzlinien festsetzten. Aber zwi­schen Theben und Platäa, zwischen Argos und Sparta, zwischen Sybaris und Croton gab es keine Gebirge. Es gab auch keine zwischen den Städten Latiums noch zwischen den zwölf Städten Etru­riens. Die physische Natur hat ohne Zweifel irgend einen Einfluß auf die Geschichte der Völker, aber die Glaubenslehren des Menschen haben einen weit mächtigeren. Zwischen zwei nachbarlichen Städten gab es etwas Unüberschreitbareres als ein Gebirge: Es waren dies die Reihe der heiligen Grenzsteine, die Verschiedenheit der Kulte, die Schranke, die jede Stadt zwischen dem Fremden und ihren Göttern aufstellte. …

Louvre G 149: Schale: Jüngling mit Phiale am Altar

Aus diesem Grunde konnten die Alten eine andere soziale Organisation wie die einer Stadtge­meinde nicht einführen, ja selbst nicht einmal be­greifen. Weder die Griechen noch die Italer, noch die Römer selbst konnten es lange Zeit begreifen, daß mehrere Städte sich vereinigen und unter der­selben Herrschaft leben konnten. Zwischen zwei Städten konnte es wohl ein Bündnis geben, eine augenblickliche Vereinigung, wenn es galt, einen Gewinn zu ziehen oder eine Gefahr zurückzuwei­sen, aber niemals entstand eine vollständige Eini­gung. Denn die Religion machte aus jeder Stadt eine eigene Körperschaft, die sich keiner anderen anschließen und anpassen konnte. Die Absonde­rung galt als Gesetz, das die Stadt aufstellte.

Der Zeus Streitwagen

Wie hätten sich auch mehrere Städte mit diesen religiösen Glaubenslehren und Bräuchen, die wir kennen gelernt haben, zu einem Staate vereini­gen können? Ein Gesellschaftsgebilde sah man dann erst als ein regelrechtes an, wenn es auf religiöser Grundlage ruhte. Das Sinnbild dieser Vereinigung mußte ein gemeinsam abgehaltenes, heiliges Mahl sein. Einige tausend Bürger konnten sich wohl, wie es der Gebrauch war, um ein und dasselbe Prytaneion versammeln, dassel­be Gebet sagen, die heiligen Speisen untereinan­der teilen. Aber man versuche es, mit diesen Gebräuchen aus ganz Griechenland einen einzigen Staat zu bilden! …

Die Sezession des Volkes an den Mons Sacer, von B.Barloccini, 1849

Zwei Städte zu einem einzigen Staate, die be­siegte Bevölkerung mit der siegreichen unter der­selben Herrschaft vereinigt, das sieht man niemals bei den Alten, mit einer einzigen Ausnahme …

Diese unbeschränkte Unabhängigkeit der alten Stadt konnte erst aufhören, als die Glaubenslehren, auf denen sie gegründet war, vollständig ver­schwunden waren. Erst nachdem sich die An­schauungen geändert hatten und mehrere Revo­lutionen durch diese antiken Gesellschaften ge­gangen waren, konnte man dazu gelangen, einen von anderen Gebräuchen beherrschten größeren Staat zu begreifen und zu bilden. Aber dazu mußten die Menschen andere Grundsätze und ein anderes soziales Band als das der alten Zeiten erfinden“.1

 

1 Idem, S. 242-247.

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Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Dokumente VII, No. 7.

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6. Staat und Stadt

„Staat und Stadt waren keine synonymen Worte bei den Alten. Der Staat war die religiöse und politische Vereinigung der Familien und Tribus; die Stadt war der Vereinigungsort, die Wohnstätte und ganz besonders das Heiligtum dieser Verbin­dung. …

Sobald einmal die Familien, die Phratrien und die Tribus sich zu einigen und denselben Kult auszuüben beschlossen hatten, gründete man die Stadt, damit sie das Heiligtum dieses gemein­schaftlichen Kult sei. So war die Gründung einer Stadt immer ein religiöser Akt.

Weinfest aus Schröders Sammlung. Gemälde von Lawrence Alma-Tadema.

Wir werden als erstes Beispiel die Stadt Rom selbst anführen. …

Ist der Tag der Gründung angebrochen, so bringt er [Romulus] zuerst ein Opfer. Seine Gefährten sind rings um ihn versammelt; sie zünden aus Gestrüpp ein Feuer an, und jeder springt durch die leichte Flamme. Die Erklärung dieses Brau­ches liegt darin, daß das Volk zu dem Akte, der sich vollziehen wird, rein zu sein hat: Die Alten glaub­ten nämlich, sich von jedem physischen oder mo­ralischen Makel rein waschen zu können, indem sie durch die heilige Flamme sprangen.

Romulus markiert die Grenzen von Rom. Gemälde von Cesari, Guiseppe (1568-1640).

Sobald diese einleitende Zeremonie das Volk zum großen Gründungsakte vorbereitet hat, gräbt Romulus eine kleine Grube von kreisartiger Form. Er wirft eine Scholle Erde hinein, die er von der Stadt Alba gebracht hat. Darauf wirft jeder seiner Gefährten, sich nähernd, gleich ihm etwas Erde hin, die er von dem Lande, aus dem er kommt, gebracht hat. Dieser Brauch ist bemerkenswert, und er enthüllt uns bei diesen Menschen einen Gedanken, der Erwähnung verdient. Bevor sie auf den Palatin kamen, bewohnten sie Alba, oder irgend eine andere der nachbarlichen Städte. Hier war ihr Herd; hier hatten ihre Väter gelebt und waren begraben worden. Die Religion verbot nun, die Erde zu verlassen, wo der Herd aufgestellt war und wo die göttlichen Vorfahren ruhten. So mußte denn eine List ersonnen werden, um keinerlei Frevel zu begehen, und all diese Männer trugen unter dem Symbol einer Schaufel Erde, den heili­gen Boden mit sich, wo ihre Vorfahren begraben und an den ihre „Manen“ (Seelen der Vorfahren)  gebunden waren. Der Mensch konnte nur seinen Wohnort wechseln, wenn er seinen Boden und seine Vorfahren mit sich führte; dieser Brauch mußte ausgeübt werden, damit er, auf den neu adoptierten Platz hindeutend, sagen könne: Das hier ist noch die Erde meiner Väter, terra patrum, patria; hier ist meine Heimat, denn hier sind die Manen meiner Familie.1

1 Idem, S. 153, 155 und 156.

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Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Dokumente VII, No. 6.

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