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d) Der mittelalterliche K?nig

Diese Ordnung ist so zu verstehen, daß anfangs nichts neben oder gar gegen den König bestand, der in seiner Person das Volk und das Land verkörperte. Alles unterstand vielmehr dem Monarchen und war seinem Schutz und seiner höchsten Macht anvertraut, damit er das von Regionen und autonomen Orten gebildete organische Ganze, das damals die Nation ausmachte, als sein Hoheitsgebiet bewahrte.

Selbst in Zeiten des weitgehenden Verfalles der königlichen Macht wurde das einheitliche monarchische Prinzip nie in Frage gestellt. Die Sehnsucht nach königlicher und vielerorts sogar nach der kaiserlichen, die ganze Christenheit umfassenden karolingischen Einheit, blieb während des ganzen Mittelalters lebendig. In dem Maße, in dem die Könige also die Mittel zur Ausübung einer das ganze Land überziehenden und dem Gemeinwohl dienenden Macht zurückerlangten, übten sie diese auch effektiv aus.

Kaiser Charlemagne und Alcuin

 

Dieser langwierige Prozeß der Festlegung, Bestimmung und Organisation auf lokaler und später auch auf regionaler Ebene, dem dann ein ebenso schwieriger Prozeß einigender und zentralisierender nationaler Umgestaltung folgte, konnte nicht vonstatten gehen, ohne daß es hie und da zu übertriebenen, einseitig und leidenschaftlich vorgetragenen Ansprüchen von seiten jener gekommen wäre, die für eine gerechtfertigte Autonomie eintraten oder aber notwendig gewordene Neuordnungen vornahmen. Das alles führte im allgemeinen zu Lehenskriegen, die sich oft über längere Zeit hinzogen und manchmal sogar mit internationalen Konflikten verbunden waren.

Das war der schmerzliche Tribut, den die Menschen infolge der Erbsünde, ihrer gegenwärtigen Sünden, infolge der größeren Nachlässigkeit oder Nachsicht, mit der sie dem Bösen begegnen oder sich ihm sogar hingeben, zu zahlen hatten.

 

Ungeachtet all dieser Hindernisse läßt sich der tiefere Sinn der Geschichte des Feudalismus und des Adels nur dann verstehen, wenn man die obigen Erklärungen berücksichtigt. Denn es war ein langer Weg, auf dem sich die Gesellschaft und der Staat des Mittelalters gebildet haben.

König Karl X. von Frankreich

 

In Wirklichkeit entwickelten sich das Lehenswesen und seine Hierarchie unter den verschiedenen Umständen auf eine jeweils andere Art und Weise. So wurde dieser Entstehungsprozeß auch keineswegs von allen europäischen Ländern gleich durchlaufen, sondern nur von einigen. Beispielhaft gilt der beschriebene Vorgang jedoch für diese Herrschaftsform im ganzen.

 

Viele Züge dieses Systems erscheinen in der Geschichte mehrerer Reiche, die das Lehenswesen dennoch nie im vollen Wortsinn eingeführt haben. Als besonders interessante Beispiele wären hier die beiden iberischen Nationen, Portugal und Spanien, zu nennen.[1]

 

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[1] Vgl. z. B. JOSÉ MATTOSO,  A Nobreza Medieval Portuguesa, Lissabon 1981, S. 27f; Enciclopédia Universal Ilustrada, Espasa-Calpe, Bd. XXI, S. 955 u. 958, Bd. XXIII, S. 1139.

 

Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Kapitel VII, 3, d.

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