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2. Der Empfang, den das Volk von Paris dem Grafen von Artois bei seiner R?ckkehr aus dem Exil bereitete

Der begeisterte Empfang des Grafen von Artois und zukünftigen König Karl X. bei seiner Heimkehr aus dem Exil zeigt auf klare Weise die Zuneigung, die das Volk den Repräsentanten der alten legitimen und väterlichen Dynastien entgegenbrachte.

König Karl X. von Frankreich

So ist das Ereignis von dem zeitgenössischen Historiker Georges Bordonove beschrieben:

Monsieur [1] zog feierlich  am 10. April 1814 durch das Tor Saint-Denis in Paris ein. Der Baron von Frenilly bezeugt: `Weder Fenster noch Dächer reichten aus, um die begeisterte Menge aufzunehmen, die sich heiser schrie. Alles war mit Fahnen, Vorhängen, Teppichen und Blumen geschmückt, und alle Menschen schwenk­ten Tücher. Es war ein rührendes Schauspiel.’

 

Porte Saint-Denis. Foto von Alec.

Es war ein herrliches Wetter. Die Aprilsonne beschien die Menge von weißen Fahnen, Blumen und lachenden Gesichtern… Kinder und junge Leute klammerten sich an die Fenstergitter, andere, mutige, drängten sich auf den Dächern, schwenkten ihre Hüte. Trommelwirbel ertönte. Pferde tummelten sich auf dem Pflaster. Von allen Seiten ertönten die Rufe: Vive le Roi! Vive Mon­sieur! Beim Näherkommen zum Stadtzentrum von Paris erhöhte sich die Freude, und die Begeiste­rung wurde zum Delirium. Monsieur war wirklich ein schöner Mann! Seine Erscheinung war, trotz seiner 57 Jahre, eindrucksvoll! Seine blaue Uniform, ornamentiert und mit silbernen Achsel­klappen, stand ihm so gut! Er ritt mit solcher Eleganz das wunderschöne, weiße Pferd, das man ihm angeboten hatte! Sein Blick war so stolz und gleichzeitig so voller Güte! Er dankte für die Hoch­rufe auf so liebenswürdige Art! …

 

König Karl X. von Frankreich im Krönungsornat.

Seit so langer Zeit hatte man keinen wirklichen Prinzen gesehen, bezaubernd und ein wirklicher Kavalier! So näherte er sich Notre-Dame.[.. Monsieur erlaubte der Menge, sich ihm zu nähern, seine Stiefel zu berühren, die Steigbügel und den Hals seines Pferdes. Die Kühnheit gefiel. Die Marschälle des Reiches folgten ihm. Einige erschienen vor ihm mit der dreifarbigen Kokarde. Andere verbargen ihre Feindseligkeit nicht. Alle waren darauf bedacht, ihre Posten zu behalten. Monsieur begrüßte sie. Nach und nach ließen auch die Marschälle sich von der allgemeinen Begei­sterung mitreißen. Die Bewegung, die Rufe der be­geisterten Menge verwirrten sie. Sie verstanden nicht, warum die Pariser sich derart für diesen Prinzen begeisterten, ein Unbekannter für sie, noch bis am Vortag. Ein geheimnisvoller Funke hatte ihre Herzen elektrisiert. Monsieur hatte ihn entzündet. Er besaß die Fähigkeit, Gefallen zu erregen, nicht nur die Masse, sondern auch die einzelnen Menschen zu erobern; heute würden wir das Charisma nennen. Er entsprach vollständig der Vorstellung, die man sich von einem Prinzen machte, sein Benehmen war so einfach und doch von höchster Würde, die man nicht lernen, nur erben kann …

Nur schwer bahnte er sich den Weg zu Notre­ Dame, wo ein Te Deum geplant war. Die Ereignisse überstürzten sich derart, daß keine Zeit mehr war, die Kathedrale zu schmücken. Man sah, daß er niederkniete und inbrünstig betete. Er dankte der Vorsehung dafür, daß sie ihm das Glück gewährt hatte, Frank­reich wieder zum Lilienthron zurückzubringen“.2

Möglich ist es, daß der Funke, der sich an der Begeisterung der Pariser über die Rückkehr der legitimen Monarchie entzündete, dadurch ent­stand, daß sie das damals allgemeine Gefühl teilten, welches Talleyrand in den Schlußworten des Briefes, den er an den künftigen Karl X. aus Anlaß der ersten Abdankung Napoleons sandte, so meisterhaft deutlich machte: „Nous avons assez de gloire, Monseigneur, mais venez, venez nous rendre l’honneur“ [Wir haben mehr als genug Ruhm, aber kommen Sie, Monseigneur, kommen Sie, uns die Ehre wiederzugeben].

 

1 So wurde der jüngere Bruder des Königs benannt. Der Graf von Artois war Bruder des Königs Ludwig XVIII.

2 Les Rois qui ont fait la France – Charles X, Ed. Pygmalion, Paris, 1990, S. 121-123

­Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom von Plinio Corrêa de Oliveira, Dokumente X, #2.