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Die Revolution, der Hochmut und die Sinnlichkeit ? die metaphysischen Werte der Revolution

B. Sinnlichkeit und Liberalismus

Neben den Hochmut als Erzeuger jeder Art von Egalitarismus ist die Sinnlichkeit im weitesten Wortsinne als Ursache des Liberalismus zu stellen. In diesen trostlosen Tiefen laufen die Fäden der beiden wichtigsten metaphysischen Prinzipien der Revolution zusammen, nämlich der Gleichheit und der Freiheit, die sich ansonsten jedoch unter so vielen Gesichtspunkten widersprechen.

 Straßburg Demonstration für Homosexuell Ehe 19. Januar 2013. Foto von Ctruongngoc.

Straßburg Demonstration für Homosexuell Ehe 19. Januar 2013. Foto von Ctruongngoc.

a. Die Hierarchie in der Seele: Gott, der aller Schöpfung, der sichtbaren wie der unsichtbaren, eine hierarchische Prägung gab, schloß auch die menschliche Seele in dieses Schema ein. Die Ver nunft hat den Willen zu führen und dieser die Gefühle. Als Folge der Erbsünde kommt es im Innern des Menschen zu unaufhörlichen Reibungen zwischen den sinnlichen Trieben und dem von der Vernunft geleiteten Willen: „Ich sehe ein Gesetz von anderer Art in meinen Gliedern, das dem Gesetz meiner Vernunft widerstreitet’31.

Der Wille aber, der, gleich einem König, sich in die undankbare Lage versetzt sieht, Untergebene zu führen, die andauernd gegen ihn aufbegehren, verfügt über Mittel, die es ihm erlauben, immer siegreich zu bleiben … sofern er sich nicht der Gnade Gottes widersetzt 32.

b. Der Egalitarismus in der Seele: Der revolutionäre Prozeß, obwohl um generelle Gleichmachung bemüht, ist häufig nichts anderes als die Ursupation der Führungsrolle durch Elemente, denen es zukommt, zu gehorchen. Auf die Ebene der Psyche übertragen, führt dies zu einer beklagenswerten Tyrannei ungezügelter Leidenschaften über einen kraftlosen, bankrotten Willen und eine getrübte Vernunft. Vor allem aber wird eine glühende Sinnlichkeit die Herrschaft über alle Gefühle des Anstandes und der Scham an sich reißen.

Wenn die Revolution die vollkommene Freiheit als das höchste metaphysische Prinzip hinstellt, so tut sie dies nur, um damit den freien Lauf der schlimmsten Leidenschaften und der ärgsten Irrtümer zu rechtfertigen.

DIE ÄRZTE im Moskau.

DIE ÄRZTE im Moskau.

c. Egalitarismus und Liberalismus: Die Umkehrung, von der wir gesprochen haben, das heißt das Recht, all das zu denken, zu fühlen und zu tun, was die zügellosen Leidenschaften verlangen, stellt das Wesen des Liberalismus dar. Dies kommt deutlich in den übersteigerten Formen der liberalen Lehre zum Ausdruck. Wenn man sich diese einmal näher anschaut, stellt man sogleich fest, daß dem Liberalismus wenig an der Freiheit zum Guten gelegen ist. Ihn interessiert ganz allein die Freiheit zum Bösen. Ist er erst einmal an der Macht, so nimmt er dem Guten ohne weiteres, ja sogar mit Vergnügen möglichst jede Freiheit weg. Die Freiheit zum Bösen aber genießt seinen Schutz, sie wird auf vielerlei Weise gefördert und hochgehalten. Hierin zeigt sich der Gegensatz zur katholischen Lehre, die dem Guten alle Unterstützung und Freiheit zukommen läßt, das Böse aber möglichst einzuschränken versucht.

Nun, gerade diese Freiheit zum Bösen ist es, die der Mensch als „Revolutionär’ in seinem Innern braucht, wenn er der Tyrannei der Leidenschaften über seine Vernunft und seinen Willen zustimmt.

Somit ist der Liberalismus eine Frucht desselben Baumes, der auch den Egalitarismus getragen hat.

Der Hochmut, der ja den Haß gegen jede Art von Autorität zeugt 33, führt übrigens zu einer eindeutig liberalen Haltung und ist deshalb als ein aktiver Faktor des Liberalismus anzusehen. Als jedoch die Revolution merkte, daß die Freiheit, hat sie erst einmal die von ihren Fähigkeiten und ihrem Fleiß her ungleichen Menschen frei gemacht, zur Ungleichheit führt, beschloß sie jene aus lauter Haß gegen letztere zu opfern. Damit ging sie in die sozialistische Phase über. Doch auch diese Phase ist nur eine vorübergehende Etappe. Am Ende hofft die Revolution einen Zustand zu erreichen, in dem vollkommene Freiheit und völlige Gleichheit nebeneinander bestehen werden.

So gesehen, ist die sozialistische Bewegung historisch nichts anderes als eine Verschärfung der liberalen Bewegung. Was einen echten Liberalen dazu bewegt, den Sozialismus zu akzeptieren, ist gerade die Tatsache, daß dieser zwar auf tyrannische Weise tausend gute, oder doch unschuldige Dinge verbietet, sonst aber methodisch die Befriedigung der übelsten und heftigsten Leidenschaften wie Neid, Faulheit und Unzucht begünstigt, wenn auch manchmal unter dem Schein der Strenge. Andererseits erkennt der Liberale, daß die Stärkung der Autorität im sozialistischen Regime gemäß der inneren Logik des Systems nur ein Mittel ist, um am Ende zu der heißersehnten Anarchie zu gelangen.

Andy Unemployded von Suizide Queenz beim 825. Hamburger Hafengeburtstag 2014. Foto von Frank Schwichtenberg.

Andy Unemployded von Suizide Queenz beim 825. Hamburger Hafengeburtstag 2014. Foto von Frank Schwichtenberg.

Die Zusammenstöße zwischen einer bestimmten Art von naiven oder zurückgebliebenen Liberalen und den Sozialisten sind daher nichts als oberflächliche Streitigkeiten im Verlaufe des revolutionären Prozesses, unbedeutende Auseinandersetzungen, die keineswegs imstande sind, die tiefere Logik der Revolution und ihren unerbittlichen Marsch auf ein Ziel hin zu stören, das bei genauerem Betrachten gleichzeitig sozialistisch und liberal ist.

d. Die Rock and Roll-Generation: Der Revolutionsprozeß, der sich, wie oben beschrieben, in den Seelen der Menschen abspielt, hat bei den jüngeren Generationen, vor allem aber unter den heutigen Jugendlichen, die sich vom Rock and Roll in den Bann ziehen lassen, eine von der Spontaneität der Elementarreaktionen geprägte Geisteshaltung hervorgerufen, die keine Kontrolle durch die Vernunft und keine effektive Beteiligung des Willens mehr kennt. Phantasien und „Erlebnisse’ sind ihnen wichtiger als die methodische Analyse der Wirklichkeit. Dies alles ist zum großen Teil das Ergebnis einer Pädagogik, in der Logik und wahre Willensbildung kaum noch eine Rolle spielen.

e. Egalitarismus, Liberalismus und Anarchismus: Wie wir in den vorausgegangenen Punkten (a. bis d.) gesehen haben, weckt das Aufwallen ungezügelter Leidenschaften einerseits den Haß gegen jede Art von Einschränkung und Gesetz, andererseits aber auch den Haß gegen jede Art von Ungleichheit. So führt diese Gärung zur utopischen Konzeption des marxistischen „Anarchismus’, wonach eine entwickeltere Menschheit in einer klassenlosen Gesellschaft ohne Regierung in vollkommener Ordnung und völliger Freiheit leben könne, ohne daß es deshalb zu Ungleichheiten kommen müsse. Man sieht also, daß es hier gleichzeitig um das liberalste und gleichmacherischste Ideal geht, das man sich vorstellen kann.

Clara Zetkin mit Rosa Luxemburg im Jahr 1910. Die deutsche Sozialistin Clara Josephine Zetkin war aktiv en der revolutionär-marxistischen Fraktion und sie der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Clara Zetkin mit Rosa Luxemburg im Jahr 1910. Die deutsche Sozialistin Clara Josephine Zetkin war aktiv en der revolutionär-marxistischen Fraktion und sie der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Tatsächlich ist die anarchische Utopie des Marxismus ein Zustand, in dem der Mensch einen so hohen Grad an Fortschritt erreicht haben soll, daß er sich in einer Gesellschaft ohne Staat und Regierung frei entwickeln kann.

In dieser Gesellschaft, die zwar ohne Regierung, aber in vollkommener Ordnung leben werde, gebe es eine gut entwickelte wirtschaftliche Produktion und der Unterschied zwischen geistiger und körperlicher Arbeit werde überwunden sein. Ein nicht näher definierter Auswahlprozeß werde die Leitung der Wirtschaft den Fähigsten in die Hände legen, ohne daß sich daraus eine Klassenbildung ergeben werde.

Dies aber seien die einzigen, unbedeutenden Überbleibsel der Ungleichheit. Da diese anarchische kommunistische Gesellschaft jedoch noch nicht das Ende der Geschichte bedeutet, kann man durchaus annehmen, daß auch diese Überbleibsel im Laufe der weiteren Evolution noch abgeschafft werden.

 

Revolution und Gegenrevolution, Plinio Corrêa de Oliveira – Erster Teil, VII. KAPITEL, 3-B.

RCR

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31) Röm. 7, 23.

32) Vgl. Röm. 7, 25.

33) Vgl. o. Abschnitt A.

 

 

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