Ist die Tradition ein rein historischer Wert oder einfach ein Thema einer romantischen Sehnsucht?
Die Wertschätzung der Tradition ist heute zu einer sehr seltenen Tugend geworden. Einerseits, weil der Hunger nach Neuigkeiten und die damit einhergehende Verachtung der Vergangenheit zu Seelenhaltungen geworden sind, die infolge der Revolution immer häufiger anzutreffen sind. Und andererseits, weil die Verteidiger der Tradition diese oft völlig falsch verstehen. Die Tradition ist weder ein rein historischer Wert noch einfach ein Thema einer romantischen Sehnsucht mit Variationen. Es handelt sich um einen Wert, der nicht ausschließlich im archäologischen Sinn zu verstehen ist, sondern als unerläßlicher Faktor des Lebens in der heutigen Zeit.
Das Wort Tradition, sagt der Papst, “klingt bekanntlich unangenehm für viele Ohren. Es mißfällt, und das mit Grund, wenn es von gewissen Lippen herkommt. Manche Leute verstehen es falsch, andere gebrauchen es als falschen Vorwand für ihren untätigen Egoismus. Angesichts solcher Mißverständnisse und dramatischen Uneinigkeit, gibt es nicht wenige neiderfüllte und zahlreiche feindselige, böswillige Stimmen, oft auch schlicht dumme oder irrgeleitete, die Euch die Frage stellen und unverhüllt um Antwort bitten: wozu dient Ihr eigentlich? Um ihnen zu antworten, ist es vor allem nötig, den wirklichen Sinn und Wert der Tradition zu verstehen, deren Repräsentanten Ihr zu sein wünscht, mehr als alles andere.
Viele meinen - auch aufrichtigerweise -, daß Tradition nichts weiter als die Erinnerung ist, die verblaßte Spur einer Zeit, die vergangen ist und nicht mehr existiert, die nicht wiederkehren kann und bestenfalls mit Verehrung und vielleicht mit Anerkennung zur Aufbewahrung in einem von wenigen Freunden und Bewunderern besuchten Museum zurückverdrängt wird. Wenn das aber die Tradition wäre und sie sich darauf beschränken und zugleich bedeuten würde, den Weg in die Zukunft ablehnen oder verachten zu wollen, wäre es sicher vernünftig, der Tradition Respekt und Verehrung zu versagen. Die wehmütigen Träumer der Vergangenheit müßten dann mit Mitleid gesehen werden als die ewig Gestrigen gegenüber der Gegenwart und – mehr noch – gegenüber der Zukunft. Aber strenger noch müßten diejenigen beurteilt werden, die auf Grund ihrer wenig anständigen und sauberen Motive nichts weiter sind als Deserteure der Pflichten, welche die so schmerzliche Gegenwart auferlegt.
Tradition ist aber viel mehr als nur einfache Anhänglichkeit an eine Zeit, die vergangen ist und genau das Gegenteil einer Haltung, die jedem gesundem Fortschritt mißtraut. Etymologisch beurteilt ist das Wort ‚Tradition‘ ein Synonym für den Weg und für den Menschen in die Zukunft, ein Synonym, aber nicht gleichbedeutend. Tatsächlich bedeutet “Fortschritt” doch nichts anderes als die Tatsache des Fortschreitens, Schritt für Schritt, mit Blickrichtung auf ein ungewisses Ziel. ‚Tradition‘ hingegen bezeichnet zwar auch einen Weg in die Zukunft, aber einen Weg, der fortsetzt, was schon zurückgelegt wurde, einen Weg, der gleichzeitig ruhig aber lebhaft, den Lebensgesetzen folgend, die ängstlichen Alternativen ‚si jeunesse savait, si vieillesse pouvait! ‘ [wenn die Jugend wüßte, wenn die Alten könnten], umgeht. Wie jener Herr de Turenne, von dem erzählt wird: ‚ll a eu dans sa jeunesse toute la prudence d'un age avancé, et dans sa vieillesse, toute la vigueur de la jeunesse‘ [in seiner Jugend besaß er die Klugheit der Alten und im vorgeschrittenen Alter die ganze Kraft der Jugend], (Flechier, Grabrede, 1676).
Gestützt auf die Tradition, erleuchtet und geführt durch die Lebenserfahrung der Alten, schreitet die Jugend mit festem Schritt vorwärts. Die Alten übergeben vertrauensvoll den Pflug in stärkere Hände, welche die begonnenen Furchen weiterziehen. Wie das Wort schon sagt, ist die Tradition eine Gabe, die von Generation zu Generation weitergegeben wird, eine Fackel, die ein Läufer dem anderen übergibt, im Vertrauen darauf, daß der Lauf nicht stocken oder langsamer werden wird. Tradition und Fortschritt ergänzen sich gegenseitig harmonisch. Tradition ohne Fortschritt ist ebenso ein Widerspruch in sich selbst, wie Fortschritt ohne Tradition nichts weiter wäre als ein wagemutiges Unternehmen, ein Sprung ins Dunkel.
Es dreht sich wahrlich nicht darum, gegen den Strom zu rudern, zurückgehen zu wollen zu Lebensformen und Handlungsweisen vergangener Zeiten. Es gilt fortzusetzen, was in der Vergangenheit sich als das Beste erwiesen hat, der Zukunft entgegenzuschreiten mit der unüberwindlichen Kraft der Jugend.”
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14. Der Begriff “Revolution” wird in dem vorliegenden Buch in demselben Sinn benutzt, in dem er bereits in dem Essay des Verfassers Revolution und Gegenrevolution gebraucht wurde. Er meint damit eine Bewegung, die im 15. Jahrhundert ihren Anfang nahm und seither dahin tendiert, die christliche Zivilisation zu zerstören und einen ihr entgegengesetzten Zustand zu schaffen. Als Etappen dieses Prozesses erweisen sich die Pseudo-Reformation, die Französische Revolution sowie der Kommunismus mit seinen vielfältigen Varianten und seiner subtilen Verwandlung in unseren Tagen.
15. Es ist hier die Rede von dem französischen Marschall Henri de Latour d’Auvergne, Vicomte de Turenne (1611-1675).
16. Ansprachen an das Patriziat und an den Adel von Rom, 1944, S. 178-180; vgl. Dokumente VI.
Rechtfertigt sich der Einsatz zugunsten der Eliten? Bewirkt er einen gerechten, umfassenden Nutzen für die Arbeiter und bedeutet keinerlei Nachteil für sie? (Seiten 27 – 29)
Es braucht nicht eigens darauf hingewiesen zu werden, daß heutzutage viel von den sozialen Ansprüchen der Arbeiter die Rede ist. In dieser Haltung kommt eine durchaus lobenswerte Fürsorglichkeit zum Ausdruck, die es grundsätzlich verdient, von allen rechtschaffenen Menschen unterstützt zu werden.
Wer aber einseitig nur das Wohl der Arbeiterklasse im Sinn hat und dabei die Probleme und die Bedürfnisse anderer Klassen außer acht läßt, denen die große Krise unserer Zeit manchmal aufs Härteste mitspielt, vergißt, daß sich die Gesellschaft aus verschiedenen Klassen zusammensetzt, die alle ihre besonderen Aufgaben, Rechte und Pflichten haben, und eben nicht nur aus Werktätigen. Die Schaffung einer einzigen, klassenlosen Gesellschaft auf der ganzen Welt ist nichts als eine Utopie, wenngleich sie seit dem 15. Jahrhundert im christlichen Europa immer wieder das Ziel von Egalisierungsbewegungen war. In unseren Tagen wird sie vor allem von Sozialisten, Kommunisten und Anarchisten angepriesen.
Die über Europa, die drei amerikanischen Teilkontinente, Afrika, Asien und Ozeanien verbreiteten TFP’s und TFP-Büros setzen sich durchaus für alle der Arbeiterklasse zustehenden Verbesserungen ein, sie können sich jedoch nicht dem Gedanken anschließen, daß diese Verbesserungen mit dem Verschwinden anderer Klassen verbunden sein müssen, oder daß ihre Bedeutung, ihre Pflichten, ihre Rechte und ihre Aufgaben im Rahmen des Gemeinwohls derart zurückgedrängt werden, daß es einem Aussterben gleichkommen würde. Sich für eine Lösung der sozialen Frage einzusetzen, die alle Klassen zum illusorischen Vorteil einer einzigen nach unten nivelliert, muß notgedrungen zu einem wahren Klassenkampf führen, denn die Ausschaltung aller zum alleinigen Vorteil der Diktatur einer einzigen, nämlich des Proletariats, stellt die übrigen Klassen vor die Alternative, zur Notwehr zu greifen oder unterzugehen.
Man darf von den TFP’s nicht erwarten, daß sie diesem sozialen Nivellierungsprozeß zustimmen. Denn im Gegenzug zu den Vertretern des Klassenkampfes und in Zusammenarbeit mit zahlreichen Initiativen, die heute für den sozialen Frieden arbeiten, indem sie sich für die gerechte und die notwendige Förderung der Arbeiter einsetzen, müssen alle objektiv orientierten Zeitgenossen eine Aktion für die soziale Ordnung entwickeln und diese der auf Spannungen und letztendlich auf Klassenkampf ausgerichteten sozialistischen oder kommunistischen Aktion entgegensetzen.
Um bestehen zu können, verlangt die Sozialordnung, daß jeder Klasse das Recht auf das zugestanden wird, was sie zu einem Dasein in Würde braucht. Und jede soll sich unter Wahrung der ihr eigenen Rechte in der Lage sehen, den ihr im Hinblick auf das Gemeinwohl zufallenden Pflichten nachzukommen.
Mit anderen Worten, es ist unumgänglich, daß die Aktion zugunsten der Arbeiter mit einem entsprechenden Einsatz zugunsten der Eliten einhergeht.
Wenn sich die Kirche für die soziale Frage interessiert, so geschieht dies nicht, weil ihr nur die Arbeiterschaft am Herzen liegt. Sie ist keine zum Schutz einer einzigen Klasse gegründete Arbeiterpartei. Mehr als die verschiedenen, einzelnen und ohne Verbindung mit den anderen gesehenen Klassen liebt sie die Gerechtigkeit und die Nächstenliebe, und sie setzt sich dafür ein, daß diese unter allen Menschen herrschen mögen. Deshalb liebt sie alle gesellschaftlichen Klassen .... auch den von der egalitären Demagogie so verteufelten Adel.
Diese Erwägungen führen folgerichtig zum Thema des vorliegenden Buches.
Tatsächlich erkennt Papst Pius XII. dem Adel eine wichtige, charakteristische Aufgabe in der heutigen Gesellschaft insgesamt zu. Wir werden im folgenden noch sehen, daß diese Mission auf vergleichbare Weise und in einem beträchtlichen Maße auch andere gesellschaftliche Eliten angeht.
Der Heilige Vater hat diese Aufgabe in vierzehn mustergültigen Ansprachen dargelegt, die er bei den dem Patriziat und dem Adel von Rom vorbehaltenen Glückwunsch-Audienzen zum Jahreswechsel in den Jahren 1940 bis 1952 und dann wieder 1958 gehalten hat.
Nun bleibt aber keinem verborgen, daß heute weltweit eine ungeheure, vielgestaltige Kampagne mit dem Ziel der Verminderung und Abschaffung des Adels wie auch der übrigen Eliten geführt wird. Man braucht sich ja nur den überwältigenden Druck zu vergegenwärtigen, der überall ausgeübt wird, dessen Rolle nicht mehr in Betracht zu ziehen, sie anzufechten oder doch wenigstens einzuschränken.
Das Eintreten für den Adel und die Eliten ist also heute in gewissem Sinne angezeigter den je. Mit abgeklärter Unerschrockenheit soll daher folgende Behauptung aufgestellt werden: In unserer Zeit, in der die vorrangige Option für die Armen zur Notwendigkeit wurde, ist auch eine vorrangige Option für die Adeligen unentbehrlich geworden, vorausgesetzt, daß in diesen Begriff auch andere traditionelle Eliten hineingenommen werden, die ebenso Gefahr laufen zu verschwinden und daher Unterstützung verdienen.
Diese Behauptung mag absurd erscheinen, wenn man bedenkt, daß theoretisch die Lage eines Arbeiters eher an Armut erinnert als die eines Adeligen und daß bekanntlich viele Adelige über ein großes Vermögen verfügen.
Ja, manchmal ist es wirklich ein großes Vermögen. Aber man darf nicht vergessen, daß die Steuerbehörden gewöhnlich erbarmungslos an diesem Vermögen nagen. Und so müssen wir immer wieder betroffen mit ansehen, wie die Besitzer notgedrungen einen guten Teil ihrer Villen und Herrenhäuser in Hotels oder Touristenunterkünfte verwandeln, während für sie selbst nur noch ein Teil des Familienwohnsitzes übrig bleibt. Es gibt auch Paläste, in denen der Besitzer gleichzeitig als Konservator und Fremdenführer – oder gar als Barmann – fungiert, während seine arbeitsame Gattin oft durchaus einfache Arbeiten verrichtet, um das Haus ihrer Vorfahren sauber und vorzeigbar zu halten.
Ist gegenüber einer solchen Verfolgung, die übrigens auch andere Formen annehmen kann, wie etwa die Aufhebung der Majorate und die Zwangsteilung der Erbgüter, nicht eine vorrangige Option für die Adeligen angebracht?
Natürlich nicht, wenn der Adel grundsätzlich als eine Klasse von Schmarotzern angesehen wird, die ihr eigenes Besitztum verschleudert. Doch dieses Adelsbild, das der schwarzen Legende der Französischen und der ihr folgenden Revolutionen angehört, die ihr in Europa und auf der ganzen Welt nachgeeifert haben, hat Papst Pius der XII. abgelehnt. Obwohl er auch deutlich auf Mißstände und Auswüchse aufmerksam macht, die vor der Geschichte einen scharfen Tadel verdienen, beschreibt er doch mit bewegten Worten die Übereinstimmung zwischen der Sendung des Adels und der von Gott selbst eingerichteten, natürlichen Ordnung der Dinge sowie den erhabenen, wohltätigen Sinn dieser Sendung.
1. Vgl. Plinio Corrêa de Oliveira, Revolution und Gegenrevolution, TFP-Büro Deutschland, Frankfurt am Main, 1996, S. 45, 91-103.
2. Vgl. Kap. IV,8; Kap. V,6.
3. Das römische Patriziat unterteilte sich damals in zwei Kategorien:
a) Römische Patrizier, die von den Männern abstammten, die im Mittelalter zivile Ämter im Kirchenstaat innegehabt hatten.
b) Einberufene römische Patrizier, die zu einer der 60 Familien gehörten, die der Heilige Vater mit einer besonderen Bulle, in der alle namentlich aufgezählt wurden, als solche anerkannt hat. Sie bildeten die Crême des römischen Patriziats.
Der römische Adel war ebenfalls in zwei Kategorien aufgeteilt:
a) Die Adeligen, die von Lehnsmännern abstammten, das heißt von Familien, die von den Päpsten Lehen erhalten hatten.
b) Der einfache Adel, dessen Titel sich von der Übertragung eines Amtes am Hofe ableitete oder vom Papst unmittelbar verliehen worden war.
Von den Ansprachen Papst Pius’ XII. an das Patriziat und an den Adel von Rom sind besonders die aus den Jahren 1952 und 1958 hervorzuheben, weil in diesen praktisch alles zusammengefaßt ist, was in den vorausgegangenen Ansprachen bereits gesagt worden ist.
1944 hielt Papst Pius XII. am 11. Juli eine besondere Ansprache, in deren Verlauf er den römischen Adelsfamilien für die Bereitstellung einer großzügigen Geldsumme für die Bedürftigen dankte.
Zwischen 1953 und 1957 hat Papst Pius XII. keine Ansprachen an das Patriziat und an den Adel von Rom gehalten. Er nahm diesen Brauch erst im Januar 1958 wieder auf. Er starb am 9. Oktober desselben Jahres.
4. Vgl. Ansprache an das Patriziat und an den Adel von Rom, 1943.
Sind ElitenFeinde des Fortschrittes?(Seiten 76 – 78)
Revolutionäre Geister pflegen gegen den Adel und die traditionellen Eliten folgenden Einwand vorzubringen: Da sie traditionsgebunden seien, würden sie sich ständig der Vergangenheit zuwenden und dabei der Zukunft, in der der wahre Fortschritt zu suchen sei, den Rücken zukehren. Sie würden also die Gesellschaft daran hindern, sich weiterzuentwickeln.
Nun lehrt uns aber Papst Pius XII., daß es den wahren Fortschritt allein auf der Linie der Tradition gibt und daß er sich nur verwirklicht, wenn er nicht unbedingt eine Rückkehr in die Vergangenheit, aber doch ihre harmonische Weiterentwicklung bedeutet. Ist nämlich erst einmal die Tradition gebrochen, sieht sich die Gesellschaft schrecklichen Risiken ausgesetzt:
“Die Ereignisse auf dieser Welt fließen dahin wie ein Strom an den Ufern der Zeit. Die Vergangenheit räumt notgedrungen den Platz, und der Weg für die Zukunft und für die Gegenwart ist nichts weiter als ein flüchtiger Augenblick, der die beiden verbindet. Das ist einfach so ein gesetzmäßiger Ablauf, an sich nichts Böses. Böse wäre es, wenn diese Gegenwart, die nur eine ruhige Welle mit Dahinfließen des Stromes der Zeit ist, sich in einen Brecher verwandelte, der alles, was auf seinem Wege liegt, wie ein Taifun oder Zyklon zerstört und mit Urgewalt vernichtend einen Graben aufwirft zwischen dem, was war, und dem, was kommen soll. Solch wilde Sprünge, welche die Geschichte in ihrem Ablauf macht, bilden das, was man eine Krise nennt, d. h. eine gefährliche Periode, die zur Erlösung oder zum endgültigen Untergang führen kann. Krisen, deren Lösung noch geheimnisvoll verhüllt, sich hinter den schwarzen Wolken der Kräfte in Aufruhr verbirgt.”
Die Tradition erspart den Gesellschaften die Stagnation, aber auch das Chaos und den Aufruhr. Der Schutz der Tradition, auf den Papst Pius XII. an dieser Stelle anspielt, ist der spezifische Auftrag des Adels und der ihm vergleichbaren Eliten.
Dieser Aufgabe entziehen sich nicht nur die Eliten, die sich aus dem konkreten Leben zurückziehen, sondern auch diejenigen, die in das maßlose Gegenteil verfallen. Sie mißachten ihren Auftrag und lassen sich - indem sie sich von aller Vergangenheit lossagen - völlig von der Gegenwart einnehmen.
Kraft der Vererbung verlängern die Adeligen auf der Erde das Weiterleben großer Gestalten der Vergangenheit: “Ihr laßt Eure Vorfahren neu aufleben, indem Ihr sie ins Gedächtnis zurückruft. Und Eure Ahnen leben wieder auf in Euren Namen und in den Euch hinterlassenen Titeln, den Zeugen ihrer Verdienste und Großtaten.”
Diese Tatsache verleiht dem Adel und den traditionellen Eliten eine ganz besondere Sendung, sind sie es doch, die dafür sorgen, daß der Fortschritt in nahtlosem Übergang aus der Vergangenheit hervorgeht:
“Ist denn etwa die menschliche Gemeinschaft - oder sollte sie es nicht so sein – zu vergleichen mit einer gut funktionierenden Maschine, bei der jeder Bestandteil zum harmonischen Funktionieren beiträgt? Jeder Mensch hat seine Bestimmung, jeder muß dem Fortschritt der Gemeinschaft dienen, deren Verbesserung er mit seinen ganzen Kräften und eigenen Talenten zu dienen hat. So muß es sein, wenn jeder wirklich seinen Nächsten liebt und vernünftigerweise das allgemeine Wohl anstrebt.
Nun gut, welche Aufgabe wurde Euch, geliebte Söhne und Töchter, in besonderer Weise zugeteilt? Welche Mission sollt Ihr erfüllen? Sicherlich jene, die normale Entwicklung zu fördern. Diese Aufgabe fällt bei einer Maschine dem Regler zu, dem Schwungrad oder dem Reostat, die Teile des Ganzen sind, von ihm einen Teil der Energie beziehen und dafür zu sorgen haben, daß der ganze Apparat zweckentsprechend funktioniert. Mit anderen Worten, Patrizier und Adelige, Ihr seid die Tradition und setzt sie fort.”
10. Vgl. Dokumente VI.
11. Ansprache an das Patriziat und an den Adel von Rom, 1944, S. 177f.
12. Ansprache an das Patriziat und an den Adel von Rom, 1942, S. 345. Zu diesem Aspekt hat sich Rivarol, der große Polemiker, der sich der Französischen Revolution des Jahres 1789 widersetzte, deren Zeitgenosse er war, mit folgenden Worten geäußert: “Die Adeligen sind mehr oder weniger alte Münzen, die die Zeit in Medaillen verwandelt hat” (in M. Berville, Mémoires de Rivarol, Baudouin Frères, Paris 1824, S. 212).
13. Ansprache an das Patriziat und an den Adel von Rom, 1944, S. 178.
Was sind die gegen den Adel vom egalitären Geist der Französischen Revolution geprägten Einwände? (Seiten 32 – 33)
Adel, Eliten – warum ist in diesem Buche nur von ihnen die Rede? Dieser Einwand liegt sicher dem egalitären Leser auf der Zunge, dessen Vorstellungswelt ipso facto gegen das Adelige gerichtet ist.
Die heutige Gesellschaft steckt voller bewußt oder unbewußt aufgenommener Vorurteile radikal egalitärer Natur. Wir stoßen auf diese selbst in Kreisen, von denen man vollkommene Einmütigkeit in entgegengesetztem Sinne erwarten sollte. Das gilt zum Beispiel für Geistliche, die voller Begeisterung das revolutionäre Dreigestirn Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit vertreten und ganz vergessen, daß es einst in einem der katholischen Lehre geradezu entgegengesetzten Sinne gebraucht wurde.
Wenn derlei egalitäre Mißtöne selbst in gewissen kirchlichen Kreisen zu hören sind, ist es nicht weiter verwunderlich, daß sie auch inmitten von Adeligen oder Mitgliedern anderer traditioneller Eliten vorgebracht werden. Angesichts der vor kurzem über die Bühne gegangenen Zweihundertjahrfeier der Französischen Revolution rufen diese Gedanken sogleich die Erinnerung an den Herzog von Orlèans, Philippe Égalité, den adeligen Revolutionär schlechthin, hervor. Sein Beispiel hat immer weiter in manchem illustren Geschlecht Nachahmer gefunden.
Als Papst Leo XIII. 1891 die berühmte Enzyklika Rerum Novarum über die Lage in der Welt der Arbeit veröffentlichte, erhoben sich in gewissen kapitalistischen Kreisen Stimmen, die darauf hinwiesen, daß es sich bei Kapital und Arbeit um spezifisch wirtschaftliche Fragen handle, die den römischen Papst nichts angingen. Die Enzyklika bedeute daher eine unzulässige Einmischung in fremde Angelegenheiten ....
So wird es sicher auch Leser geben, die fragen werden, was denn der Papst mit Adel und Eliten, seien diese nun traditioneller Natur oder nicht, zu tun habe. Allein schon ihr Überleben in unserer von Grund auf veränderten Zeit dürfte wohl in ihren Augen lediglich als ein archaisches, unnützes Relikt aus einer feudalen Welt erscheinen. Aus dieser Sicht wären der Adel und die Eliten von heute nichts als ein Punkt der Fixierung oder gar der Ausstrahlung einer Weise des Denkens, Fühlens und Handelns, die dem Menschen von heute nicht zusage und die er nicht einmal mehr verstehe. Die wenigen, die noch Wert auf so etwas legten, täten dies unter dem Einfluß rein ästhetischer oder lyrischer Gefühlsanwandlungen. Und diejenigen, die sich als Teilhaber herausgehoben fühlten, seien lediglich Opfer von Gefühlen des Stolzes und der Eitelkeit. Und diese Art von Lesern wird wohl auch denken, daß nichts den unerbittlichen Lauf der Geschichte daran hindern werde, diese überalterten Relikte vom Gesicht der Erde hinwegzufegen. Und wenn Papst Pius XII. den so verstandenen Lauf der Geschichte schon nicht unterstützt habe, hätte er ihm doch wenigstens keine Hindernisse in den Weg stellen sollen.
In welcher Absicht hat sich denn nun Papst Pius XII. zu diesem Thema so ausführlich und auf eine Art und Weise geäußert, die offensichtlich gegenrevolutionären Geistern wie dem Verfasser dieses Textes zusagt, der hier seine Lehren zu dem Thema zusammengetragen und kommentiert hat und sie nun an die Öffentlichkeit bringt? Wäre es nicht besser gewesen, der Papst hätte dazu geschwiegen?
Die Antwort auf diese egalitären, vom 1789er-Geist geprägten Einwände ist denkbar einfach. Wer sie kennenlernen will, hört sie am besten aus dem befugten Munde dieses Papstes selbst. Ohne lange Umschweife weist er, wie wir noch näher sehen werden, in seinen Ansprachen an das Patriziat und an den Adel von Rom auf den tiefen sittlichen Sinn seiner Äußerungen zu diesem Thema hin. Ebenso hebt er die legitime Rolle des Adels in einer auf Naturrecht und Offenbarung fußenden Soziallehre hervor. Gleichzeitig verweist er auf all den Seelenreichtum, der in der christlichen Vergangenheit den Adel ausgezeichnet hat, und versichert, daß dieser weiterhin als Bewahrer der Werte und des Seelenreichtums anzusehen sei. Dem Adel stehe außerdem die hohe Aufgabe zu, Werte und Seelenreichtum in der heutigen Welt zu betonen und zu verbreiten, auch wenn die verheerenden Auswirkungen ideologischer Revolutionen zweier Weltkriege und sozialökonomischer Krisen viele Adelige in concreto in bescheidene Verhältnisse gebracht hätten. Diesen ruft der Papst an mehreren Stellen die ehrenhafte Ähnlichkeit mit dem Schicksal des heiligen Josef, des Fürsten aus dem Hause Davids, in Erinnerung: Auch er habe als bescheidener Zimmermann immerhin dem fleischgewordenen Worte als gesetzlicher Vater und der Königin aller Engel und Heiligen als keuscher Gatte gedient.
5. Vgl. Kap. III, 3 und 4, sowie wichtige Auszüge aus der päpstlichen Dokumentensammlung zu diesem Thema im Anhang II.
6. Vgl. Kap. I, 6.
7. Vgl. Kap. IV, 8; Kap. V, 6.
Wie entstehen Eliten selbst in Ländern ohne monarchistische oder aristokratische Vergangenheit? (Seiten 75 -76)
Die Entstehung traditioneller Eliten mit aristokratischem Grundton ist als eine zutiefst natürliche Entwicklung anzusehen und daher selbst in Ländern ohne monarchistische oder aristokratische Vergangenheit festzustellen: “Wir haben .... gezeigt, wie auch in den Demokratien jüngsten Datums, die noch keine Spur einer feudalen Vergangenheit aufweisen können, sich kraft der Verhältnisse eine neue Art von Adel oder Aristokratie herausgebildet hat. Sie besteht in der Gemeinschaft jener Familien, die überlieferungsgemäß alle ihre Energien in den Dienst des Staates, seiner Regierung und seiner Verwaltung stellen und mit deren Treue er in jedem Augenblicke rechnen kann.”
Diese treffliche Definition dessen, was das Wesen des Adels ausmacht, erinnert an die großen Geschlechter der Kolonisatoren, Pioniere und Pflanzer, die Jahrhunderte lang die Grundlagen für den Fortschritt des amerikanischen Kontinents schufen und mit dem treuen Festhalten an ihren Traditionen einen wertvollen moralischen Reichtum der Gesellschaft bilden, in der sie leben.
8. Ansprache an das Patriziat und an den Adel von Rom, 1947, S. 370f.
Wie komme ich zu allen Geschichten?
Ja, klicken Sie einfach auf den Titel irgendeiner Kurzgeschichte, dann am Ende der Geschichte auf das Kurzgeschichten-tag. Daraufhin erscheinen die Titel aller Geschichten.
Wie komme ich zu allen Geschichten?
Ja, klicken Sie einfach auf den Titel irgendeiner Kurzgeschichte, dann am Ende der Geschichte auf das Kurzgeschichten-tag. Daraufhin erscheinen die Titel aller Geschichten.
Wie wichtig ist die Vererbung in den traditionellen Eliten? (Seite 76)
Es muß an dieser Stelle vor allem auf einen mit dem Bestehen traditioneller Eliten verbundenen, naturgegebenen Faktor hingewiesen werden: auf die Erblichkeit. “Das Erbe ist eine großartige und geheimnisvolle Sache. Es bedeutet, daß in einem Geschlecht über Generationen hinweg, ein reicher Schatz materieller und geistiger Güter weitergegeben wird. Daß das gleiche äußere Erscheinungsbild und die gleiche moralische Haltung vom Vater auf den Sohn übergeht. Jedoch ist es möglich, daß die Tradition, welche die Mitglieder eines Geschlechtes über Jahrhunderte hinweg verbunden hat, eben jenes Erbe - wie Wir erwähnt haben - durch den Einfluß materieller Theorien entstellt werden kann. Man kann, man muß sogar, diese so sehr bedeutsame Tatsache in ihrem ganzen Umfang menschlicher und übernatürlicher Wahrheiten bedenken.
Sicher kann man nicht leugnen, daß bei der Weitergabe vererbbarer Eigenschaften materielle Vorgänge mitspielen. Diese Tatsache erstaunlich zu finden, hieße, die intime Verbindung zwischen unserer Seele und dem Körper zu vergessen. Ebenso, daß sogar hochgeistige Tätigkeiten weitgehend von unserem körperlichen Temperament beeinflußt werden. Deswegen weist die christliche Morallehre die Eltern auf die große Verantwortung hin, die sie in dieser Beziehung haben.
Das wertvollste aber ist das geistige Erbe. Dieses wird nicht sosehr über die geheimnisvollen Verbindungswege materieller Schöpfung weitergegeben, als vielmehr durch den dauernden Einfluß einer ausgezeichneten, familiären Umgebung. Entscheidend für das Ergebnis ist eine langsame und gründliche seelische Entwicklung in der Umgebung eines Vaterhauses, das reich an geistigen, moralischen und vor allem an christlichen Traditionen ist. Wichtig ist auch der gegenseitige Einfluß derer, die unter dem gleichen Dach wohnen, ein Einfluß, dessen wohltätige Wirkung weit über die Kinderjahre und Jugendzeit hinausgeht und bis an das Ende eines langen Lebens reicht. Auf diesem Wege entwickeln sich auserwählte Geister, die in sich selbst die Schätze eines wertvollen Erbes mit ihren eigenen Vorzügen und Lebenserfahrungen zu verbinden wissen.
Das ist jenes über alle Maßen wertvolle Erbe, welches, erleuchtet durch einen festen Glauben, belebt und erfrischt durch dauerndes und treues Leben im Geiste Christi und durch Erfüllung seiner Forderungen, die Seelen Eurer Kinder erheben, vervollkommnen und bereichern wird.”
9. Ansprache an das Patriziat und an den Adel von Rom, 1941, S. 364. Der oben zitierte Text ist so wichtig, daß eigentlich jedes Wort hervorgehoben zu werden verdient. Um aber die Seite visuell nicht zu überfrachten, haben wir es vorgezogen, die einfache Schrift beizubehalten.
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